Merkel will Leiharbeit begrenzen
14. September 2013Nach den Sozialdemokraten erwägt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Dauer von Leiharbeit gesetzlich zu begrenzen. In der "Leipziger Volkszeitung" verwies sie auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom Juli, nach dem Leiharbeit vorübergehend sein müsse: "Für mich ist klar, dass 'vorübergehend' nicht zehn Jahre oder länger bedeuten kann", sagte Merkel der Zeitung. Auf der Grundlage der noch ausstehenden schriftlichen Urteilsbegründung des Bundesarbeitsgerichts werde entschieden, "wie wir vorgehen müssen, um den Begriff 'vorübergehend' noch präziser auszulegen, sei es gesetzlich oder mit anderen Maßnahmen", fügte die CDU-Politikerin hinzu.
"Ich halte das für einen sehr krassen Fall"
Ein Zuschauer in der ARD-Sendung "Wahlarena" hatte Merkel kürzlich geschildert, dass er seit inzwischen zehn Jahren als Leiharbeiter für einen Automobilzulieferer arbeite. Daraufhin hatte Merkel gesagt: "Ich halte das für einen sehr krassen Fall. (...) Wenn es mehrere Fälle über zehn Jahre gibt, bin ich bereit, mir das anzuschauen. Das kann nicht sein." Leiharbeit sei nicht für einen so langen Zeitraum gedacht
Merkel machte in der "Leipziger Volkszeitung" aber auch geltend, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung den Begriff "vorübergehend" für den Einsatz von Leiharbeitern in einem Betrieb eingeführt habe. Die frühere rot-grüne Koalition habe jede zeitliche Beschränkung für Leiharbeit aufgehoben.
Tatsächlich ist die Überlassungsdauer eines Zeitarbeitnehmers an einen Entleihbetrieb gesetzlich seit 2004 nicht mehr begrenzt. Im Gesetz findet sich nur noch die Einschränkung, dass die Überlassung nur "vorübergehend" sein darf. Unter Verweis darauf hatte das Bundesarbeitsgericht im Juli entschieden, dass ein Betriebsrat die Zustimmung zur Beschäftigung eines Leiharbeiters verweigern durfte, weil dieser ohne jede Befristung eingesetzt werden sollte. Die Einschränkung der Leiharbeit auf vorübergehende Tätigkeiten soll laut Gericht Leiharbeiter schützen und eine dauerhafte Aufspaltung der Belegschaft in Stamm- und Leiharbeitbeschäftigte verhindern.
Kritik von Nahles und Göring-Eckardt
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles warf der Kanzlerin vor, sie habe in ihrer achtjährigen Regierungszeit nicht festgestellt, dass es beim Thema Leiharbeit Regelungsbedarf gebe. "Da bedarf es am Ende einer Legislaturperiode einer Wahlsendung im Fernsehen und der Fragen eines Zuschauers, dass sie sich darüber Gedanken macht."
Die Sozialdemokraten wollen die Beschäftigungsdauer eines Leiharbeitnehmers wie auch die Anzahl aller Leiharbeiter in einem Betrieb begrenzen. "Es wird eine klare Grenze geben, wie lange sich so etwas hinziehen darf. Und es wird auch eine klare Begrenzung geben bezüglich der Anzahl", hatte der von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück als Arbeits- und Sozialminister vorgesehene frühere Gewerkschaftschef Klaus Wiesehügel in der zurückliegenden Woche angekündigt. Stammbeschäftigte und Leiharbeiter sollen nach einer Einarbeitungszeit zudem die gleiche Bezahlung erhalten. In der Regel werden Zeitarbeiter schlechter entlohnt als Stamm-Mitarbeiter eines Betriebes.
Die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt monierte, die Bundesregierung habe den Fehlentwicklungen auf dem Arbeitsmarkt vier Jahre lang nicht nur tatenlos zugesehen, sondern diese mit ihrer Politik noch verstärkt. Unter Schwarz-Gelb habe der Anteil prekärer Beschäftigungsverhältnisse weiter zugenommen. Nötig seien daher endlich "soziale Leitplanken" wie gleiche Rechte, Mitbestimmung und gleiche Bezahlung ab dem ersten Tag für Beschäftigte in der Leiharbeit.
sti/ml (afp, dpa)