Merkel und Macron: Ja zu späterem Brexit
27. Februar 2019Bundeskanzlerin Angela Merkel ist bereit, Großbritannien beim Brexit mehr Zeit zuzugestehen. "Wenn Großbritannien mehr Zeit braucht, dann werden wir uns dem natürlich nicht verweigern", sagte Merkel bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris. "Wir streben einen geordneten Austritt der Briten aus der EU an." Zwar bedaure sie den britischen Austritt, aber nun müssten beide Seiten "eine gute Lösung" finden.
Macron: Wir brauchen nicht mehr Zeit, wir brauchen eine Lösung"
Auch Macron zeigte sich offen für einen möglichen britischen Antrag auf Verschiebung des Brexit. "Wenn die Briten mehr Zeit brauchen, dann können wir eine Bitte um Aufschub prüfen", sagte er. Der Präsident wies zugleich jedoch darauf hin, dass die Probleme rund um den Brexit durch einen Aufschub nicht gelöst würden. In diesem Zusammenhang gab Macron eine Äußerung von EU-Chefunterhändler Michel Barnier wider: "Wir brauchen nicht mehr Zeit. Was wir brauchen, ist eine Lösung." Die Briten müssten nun zu einer Lösung beitragen: "Die Zeit ist reif, dass die Briten eine Entscheidung treffen."
Die britische Premierministerin Theresa May hatte am Vortag angesichts der verfahrenen Lage erstmals eine Verschiebung des für den 29. März geplanten EU-Austritts ihres Landes als einen möglichen Ausweg ins Gespräch gebracht. Diese Option soll greifen, falls das Unterhaus in London erneut den Brexit-Vertrag mit Brüssel ablehnt und zudem mehrheitlich gegen einen "harten" Brexit ohne Austrittsvertrag stimmt. May will aber allenfalls eine Verschiebung des Austritts bis Ende Juni dulden. Die Parlamentsdebatte hat inzwischen begonnen, mehrere Abstimmungen sollen am Abend folgen.
Merkel: Neue Regelung für Rüstungsexporte nötig
Merkel plädierte bei dem Treffen in Paris für eine neue Regelung von Exporten für gemeinsam produzierte Rüstungsgüter. Deutschland müsse gegenüber den europäischen Partnern gesprächsbereit sein. Die Bundesrepublik könne sich nicht für eine europäische Armee aussprechen und dann bei europäischen Rüstungsprojekten zu keinerlei Gesprächen bereit sein. Die Ausfuhr gemeinsam hergestellter Rüstungsgüter ist ein heikles Thema. Aus Paris und London gibt es scharfe Kritik am Stopp deutscher Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien, weil davon auch Gemeinschaftsprojekte betroffen sind. Die SPD ist gegen eine Lockerung der grundsätzlich strikten deutschen Regeln.
Merkel: Deutschland und Frankreich müssen innovativ sein
Die Kanzlerin betonte schließlich einmal mehr die Bedeutung der deutsch-französischen Zusammenarbeit für die Entwicklung der Europäischen Union. Europa sei dann handlungsfähig, wenn Deutschland und Frankreich mit gemeinsamen Vorstellungen aufträten. Nötig seien gemeinsame Antworten auf die veränderte geopolitische Lage, die Fragen der Migration und die Herausforderungen durch die Digitalisierung und den Klimawandel, sagte Merkel. Deutschland und Frankreich müssten wirtschaftlich stark und innovativ sein. Sie und Macron seien der Meinung, dass auf dem EU-Gipfel im März nochmals über die Industriepolitik der EU gesprochen werden müsse. Gerade bei der Künstlichen Intelligenz, Innovationen und strategischen Projekten für Europa wollten Deutschland und Frankreich eng zusammenarbeiten, so die Kanzlerin.
sti/stu (afp, dpa)