Merkel räumt im Fall Maaßen Fehler ein
24. September 2018Die Bundeskanzlerin (Artikelbild) sagte vor einer Sitzung der CDU-Gremien, das Ergebnis der ersten Beratung der drei Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD vom vergangenen Dienstag, wie mit Maaßen nach seinen umstrittenen Äußerungen zu den Vorgängen in Chemnitz umgegangenen werden sollte, "konnte nicht überzeugen".
Sie habe sich zu sehr davon leiten lassen, dass nach einer Versetzung Maaßens die Funktionsfähigkeit innerhalb des Bundesinnenministeriums nicht gestört werde, und nicht so sehr daran, "was die Menschen zu Recht bewegt. Das bedaure ich sehr." Das neue Ergebnis sei nun "sehr gerecht und auch vermittelbar", sagte Merkel weiter.
Arbeitsmodus und Sacharbeit
Die Bundesregierung muss nach Worten von Merkel ihren Arbeitsmodus ändern und sich voll auf die Sacharbeit konzentrieren. Kommenden Montag werde ein Koalitionsausschuss tagen, bei dem eine Entscheidung über eventuelle Nachrüstungen von Diesel-Autos fallen solle, kündigte die CDU-Vorsitzende an. Die Regierung müsse sich in "ausgesprochen fordernden Zeiten" mehr auf die Probleme und Sorgen vieler Menschen konzentrieren, sagte die Kanzlerin genau ein Jahr nach der Bundestagswahl.
"Ich glaube, es sollte auch in der Regierung ein Modus eingeführt werden von regelmäßigen Koalitionsausschüssen", sagte Merkel. Die große Koalition müsse sich immer wieder Rechenschaft ablegen, was bisher erreicht worden sei. Es gebe viele sehr komplizierte und wichtige Themen, die die Menschen bewegten wie Gesundheit, Pflege, Digitalisierung, aber auch der bevorstehende Austritt Großbritanniens aus der EU. "Es gibt die Notwendigkeit der vollen Konzentration auf die Sacharbeit", sagte Merkel mit Blick auf die Spannungen in der Koalition in den vergangenen Wochen.
Die drei Parteichefs hatten am Sonntag erneut über die Angelegenheit beraten und vereinbart, dass Maaßen als Sonderbeauftragter für europäische und internationale Fragen ins Bundesinnenministerium wechselt. Dabei bekommt er weiterhin das gleiche Gehalt wie bisher, wie Seehofer ankündigte. Maaßens Wechsel soll nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert "zügig und zeitnah" passieren.
Der Umgang mit Maaßen hatte die Koalition in den vergangenen Wochen schwer belastet. Nach umstrittenen Äußerungen des Verfassungsschutzpräsidenten zu rechten Ausschreitungen in Chemnitz forderte die SPD Maaßens Ablösung; Seehofer hielt jedoch an ihm fest.
"Noch nicht über den Berg"
SPD-Fraktionsvizechef Matthias Miersch bezeichnete die Lösung im Streit um den bisherigen Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen als "akzeptable Entscheidung". Maaßen sei nicht befördert worden, betonte Miersch, der Chef der Parlamentarischen Linken im Bundestag, im ZDF-"Morgenmagazin". Für Miersch ist die schwarz-rote Regierungskoalition aber noch nicht über den Berg. "Wenn wir hier nicht liefern, dann wird diese große Koalition relativ schnell zu Ende sein", so Miersch weiter.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis sprach im SWR2-Tagesgespräch allerdings auch von einem "Trauerspiel" im Hinblick auf den tagelangen Streit um Maaßen. "Aber trotzdem: Sonderbeauftragter, keine Gehaltsstufe höher, keine Belohnung, das ist ja nun mal ein Ergebnis, mit dem kann man einigermaßen leben."
Deal zwischen CSU und SPD
Maaßen soll im Innenministerium von Horst Seehofer Sonderberater im Rang eines Abteilungsleiters werden und so viel verdienen wie bisher. Somit ist die geplante Beförderung zum Innenstaatssekretär mit höheren Bezügen vom Tisch. SPD-Parteichefin Andrea Nahles hatte die Lösung mit Merkel und CSU-Chef Seehofer ausgehandelt. Sie finde es in Ordnung, wenn man Fehler korrigiere, sagte Mattheis mit Blick auf diese Entwicklung. "Ich finde, das muss auch in der Politik erlaubt sein - und das erwarte ich auch in der Politik."
Kritik auch von der CDU
Führende Unionspolitiker halten Bundeskanzlerin Merkel wie auch die Chefs von SPD und CSU durch den Streit um die Zukunft von Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen für beschädigt. "Da haben sich alle drei Parteivorsitzenden nicht mit Ruhm bekleckert", sagte der Vize-Fraktionschef der Union im Bundestag, Carsten Linnemann, dem Deutschlandfunk. Es sei kurz vor Zwölf. "Wenn die große Koalition keinen neuen Arbeitsmodus findet, wird diese Koalition nicht drei Jahre halten", warnte er.
Ähnlich äußerte sich Junge-Union-Chef Paul Ziemiak im ZDF-Morgenmagazin. "Es reicht jetzt langsam", unterstrich Ziemak. So etwas wie der Streit der letzten Tage dürfe sich nicht wiederholen.
Mit der jetzt gefundenen Lösung zeigten sich sowohl Linnemann und Ziemiak einigermaßen zufrieden. Seinen Zufriedenheitsgrad beschrieb Linnemann auf einer Skala von Eins bis Zehn mit Fünf. "Ich bin zufrieden, dass endlich dieses Thema abgeräumt ist", sagte auch Ziemiak.
cgn/stu (afp, dpa)