Merkel fordert Rechtssicherheit in China
13. Juni 2016Mit militärischen Ehren hat Chinas Ministerpräsident Li Keqiang Bundeskanzlerin Angela Merkel in Peking empfangen. Mit der Zeremonie in der Großen Halle des Volkes begannen die vierten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen. Die Kanzlerin ist mit sechs Ministern, darunter Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Finanzminister Wolfgang Schäuble, sowie mehreren Staatssekretären angereist. Die Gespräche der beiden Kabinette finden alle zwei Jahre statt.
Verschlechterung der Menschenrechtslage
Ein wichtiges Thema bei den Gesprächen ist für Merkel die Rechtssicherheit deutscher Unternehmen in China. "Wichtig ist immer wieder, dass unsere Unternehmen und auch unsere Projekte ein sicheres Rechtsumfeld haben. (...) Bei Rechtsstaatsdialog kann man sich gar nicht genug vorstellen, wie viele rechtliche Bereiche es gibt für Verbraucher, für die öffentlichen Institutionen." Hier gebe es sehr gute Diskussionen.
Bereits am Sonntag hatte Merkel bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Universität Nanjing mehr Rechtsstaatlichkeit in China angemahnt. Kritiker beklagen eine Verschlechterung der Menschenrechtslage in China seit dem Amtsantritt von Xi Jinping, der 2012 Chef der Kommunistischen Partei und 2013 Staatspräsident wurde. Besonders seit vergangenem Sommer gibt es eine Verfolgungswelle gegen Bürgerrechtsanwälte.
Wirtschaftsbeziehungen und Krisen der Welt
Merkel sagte, bei den Regierungskonsultationen 2014 in Deutschland sei ein Aktionsrahmen vereinbart worden, mit dem die umfassende strategische Partnerschaft zwischen Deutschland und China noch einmal in ein neues Stadium gekommen sei. Das gemeinsame Engagement in der Außen-, Wirtschafts- und Entwicklungspolitik könne weiter ausgebaut und konkretisiert werden.
Chinas Ministerpräsident Li Keqiang würdigte die Breite der Beziehungen. Er sprach von einem vertrauensvollen Verhältnis beider Staaten, das durch die Regierungstreffen gestärkt werde.
Im Mittelpunkt der deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen stehen zudem internationale Krisenherde, der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen, der Streit Chinas mit Europa über die Einstufung als Marktwirtschaft und die schärfere gesetzliche Kontrolle von regierungsunabhängigen Organisationen in China, die auch die Arbeit deutscher Parteienstiftungen beeinträchtigt.
Beide Regierungschefs betonten, einen Handelskrieg zwischen China und der EU vermeiden zu wollen. Bis Jahresende müsse eine Lösung im Streit um die Einstufung Chinas als Marktwirtschaft gefunden werden.
Kooperationvereinbarungen von Politik und Wirtschaft
Nach den Gesprächen wurden auch 24 Kooperationsvereinbarungen von Politik und Wirtschaft unterzeichnet. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) teilte mit, er habe mit Chinas Handelsminister Gao Hucheng vereinbart, dass beide Länder ein gemeinsames Zentrum für nachhaltige Entwicklung zum Schutz globaler Ressourcen und zur Bekämpfung von Armut gründen. Damit werde ein neues Kapitel der Kooperation aufgeschlagen.
Auch beim Aufbau in Afghanistan wollen beide Länder zusammenarbeiten. Ein Abkommen zur gemeinsamen Hilfe bei der Entwicklung des Katastrophenschutzes und im Bergbau wurde unterzeichnet. Weitere Abkommen betreffen die Ausweitung der bilateralen Kooperation etwa im Umweltschutz, im Bildungs- und Gesundheitswesen, in der Mobilität, der Entwicklung nachhaltiger Landwirtschaft, der neuen Generation der Mobilfunknetze sowie im Schienenverkehr oder der Luft- und Autoindustrie.
Die Kanzlerin war am Sonntag mit einer großen Wirtschaftsdelegation zu ihrem dreitägigen Besuch in China eingetroffen. Zweite Station wird am Dienstag die Metropole Shenyang im Nordosten Chinas sein.
cr/as (dpa, afp)