Die Bundeskanzlerin relativiert
4. September 2013Bundeskanzlerin Angela Merkel war sichtlich bemüht, im Streit mit den Sozialdemokraten um deren Zuverlässigkeit bei Entscheidungen zur Euro-Rettung zu beschwichtigen. Gegenstand ihrer umstrittenen Aussagen sei nicht das Abstimmungsverhalten der SPD-Fraktion im Bundestag in der Finanzkrise gewesen, ließ die Regierungschefin am Dienstagabend eilig offiziell verbreiten. Vielmehr sei es um die gegensätzlichen Auffassungen von Bundesregierung und SPD über Eurobonds, Schuldentilgungsfonds und gemeinschaftliche Haftung in der Euro-Zone gegangen.
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hatte der CDU-Vorsitzenden vorgeworfen, in einer noch nicht ausgestrahlten ARD-Dokumentation die Europapolitik der SPD als verantwortungslos zu verunglimpfen. Im Bundestag sagte er dazu direkt an Merkel gerichtet: "Sie müssen genau wissen, dass Sie damit Brücken zerstören". Brücken, auf die auch Merkel für weitere Euro-Hilfspakete angewiesen sei. Das sei "weit mehr als eine Verirrung in diesem Wahlkampf".
"Trotzdem nicht stabil"
Am Abend strahlte die ARD-"Tagesschau" dann einzelne Passagen des Interviews vorab aus. Darin sagte Merkel: "In der Frage der Euro-Krise ist die Sozialdemokratie total unzuverlässig. Da ist von Eurobonds, Schuldentilgungsfonds, gemeinsamer Haftung bis hin auch zum Gegenteil alles gesagt worden." Auf den Einwand, schließlich habe die SPD im Parlament stets für Merkels Politik gestimmt und die Euro-Hilfen mitgetragen, antwortete sie: "Ja, sie hat immer dafür gestimmt und hat deshalb ja auch große Mühen, wieder etwas Krititisches zu finden", und: "Aber ich halte sie trotzdem nicht für stabil in der Frage."
Verurteilt zur Großen Koalition?
Steinbrück hält den Konflikt trotz der Klarstellung Merkels nicht für ausgeräumt. "Das ist mir völlig egal, was da drin steht", sagte er am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Berlin mit Blick auf die Pressemitteilung aus dem Kanzleramt. Sie habe die SPD für sich genommen als total unzuverlässig bezeichnet und das sei "inakzeptabel". "Das merkt man sich", schloss sich Steinbrück den erbosten Genossen an, "man trifft sich in der Politik immer zweimal". Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, verlangte von Merkel eine Entschuldigung.
Zwar erklären sowohl Union als auch SPD, dass sie nach der Bundestagswahl keine neue Große Koalition wollen. Doch ist keineswegs ausgemacht, dass nicht genau diese Option nach dem 22. September als die stabilste erscheinen wird.
SC/haz (rtr, dpa, ARD)