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Symbol des Verschwindens der Weltmacht USA

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Ines Pohl
11. September 2021

Der 11. September 2001 markiert eine Zeitenwende. Der Abzug aus Afghanistan 20 Jahre später ist der Beleg, dass die Vereinigten Staaten jetzt innenpolitische Interessen über alles stellen, meint Ines Pohl.

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Rauchende Trümmerteile des World Trade Centers nach dem Anschlag am 11. September 2001
Die rauchenden Trümmer der eingestürzten Türme des World Trade Center wurden zu einem ikonografischen BildmotivBild: Alex Fuchs/AFP/dpa/picture alliance

Der Terroranschlag traf Amerika ins Herz. In mehrfacher Hinsicht. Ein Anschlag in diesem Ausmaß hatte es bis dahin auf amerikanischem Boden noch nicht gegeben. Nicht nur, was die Zahl der Toten und Verletzten anbelangt. Sondern auch die Präzision, mit der die Terroristen innerhalb nur einer Stunde die Symbole von wirtschaftlicher und militärischer Vormachtstellung in der Welt zerstörten. Es ist wohl nur einigen mutigen Passagieren zu verdanken, dass nach dem World Trade Center und dem Pentagon nicht auch noch die vierte Maschine ihren Todesflug im Weißen Haus oder dem Capitol beenden konnte.

Existenzielle Erschütterung fast vergessen

Heute, 20 Jahre später, wäre der Schock, die existenzielle Erschütterung fast vergessen. Sowieso für jene, die jünger als 30 Jahre sind und an den Tag und die Tage danach kaum eine aktive Erinnerung haben. Aber auch für viele andere Amerikanerinnen und Amerikaner, die weit weg von New York City oder Washington leben, waren die Ereignisse Geschichte geworden. Eigentlich.

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Ines Pohl leitet das DW-Studio in WashingtonBild: DW/P. Böll

Die Sicherheitsvorkehrungen an den Flughäfen mögen nach wie vor nerven, aber man hat sich an die längeren Schlangen gewöhnt, zieht die Schuhe schon freiwillig aus und ist auch bereit, vier Dollar für die Flasche Wasser hinter der Sicherheitskontrolle zu bezahlen.

Daran hätte auch der 20. Jahrestag der Anschläge vermutlich wenig geändert. Hätte nicht der amtierende Präsident Joe Biden den Abzug aus Afghanistan mit jenem schicksalsträchtigen Datum in Verbindung gebracht. Er benannte den 11. September als den Tag, an dem alle amerikanischen Truppen das Land definitiv verlassen hätten. Wohl, um zu hinterlegen, dass die Mission erfolgreich abgeschlossen worden sei.

Wieder islamophobe Ressentiments

Angesichts der aktuellen Bilder aus Kabul fällt es schwer, von einem außenpolitischen Erfolg zu sprechen. Und innenpolitisch hat die Diskussion zum Umgang mit Flüchtlingen aus Afghanistan die islamophoben Ressentiments der ersten Jahre nach den Anschlägen wieder neu entfacht. Es zeichnet sich ab, dass Musliminnen und Muslime wieder zu politischen Spielbällen gemacht werden im dreckigen Wahlkampf vor den Zwischenwahlen. Die 20 Jahre alten Bilder des Schreckens werden genau dazu genutzt werden.

Um die Gegenwart zu verstehen, hilft oft der Blick in die Vergangenheit. Im September 2001 war George W. Bush in seinem ersten Amtsjahr als Präsident der Vereinigten Staaten. Er bekam viel Applaus für die Ansage, den Drahtzieher der Terroranschläge, Osama Bin Laden, mit allen notwendigen Mitteln zur Strecke zu bringen.

Über die Jahre flossen Milliarden in den sogenannten Kampf gegen den Terror, sowohl die Geheimdienste als auch das Militär wurden hochgerüstet. Es war ein akzeptiertes Narrativ, dass die USA von außen bedroht werden, und alles getan werden muss, um diese Bedrohung ein für alle Mal zu beenden.

Ein ausgeträumter Traum

Aber mit jedem Jahr, mit dem die Bilder der einstürzenden Türme weiter verblassten, sank die Bereitschaft, weitere Menschenleben zu opfern und Milliarden auszugeben für Kriege, die kein Ende zu finden schienen. Die politische Elite steckte damit in einer Falle. Um die Kriege zu rechtfertigen, konnte es spätestens seit der Tötung von Osama Bin Laden 2011 in Pakistan nicht mehr primär um den Kampf gegen terroristische Netzwerke gehen.

Zunehmend rückte die Unterstützung von demokratischen Kräften in den Mittelpunkt. Mit dem Ziel, aus Afghanistan ein Land mit einer westlichen Staatsform zu machen. Wie schon in Vietnam erlag man dem Trugschluss, das eigene politische System exportieren zu können, und so die Welt vor Kommunismus, Extremismus und Terrorismus zu beschützten.

Dieser Traum ist ausgeträumt. Joe Biden lässt keinen Zweifel daran, dass die USA ihre außenpolitischen Aktivitäten einzig und allein den Interessen des eigenen Landes unterwerfen. Das militärische US-Engagement wird noch weiter heruntergefahren werden. Präsident Biden wird sich auf innenpolitische Bedürfnisse, wie die Verbesserung der Infrastruktur sowie dem Kampf gegen die Klimakatastrophe widmen.

Wer füllt das entstandene Vakuum?

Außenpolitisch gibt es eigentlich nur noch ein Thema mit Gewicht: Der Machtkampf mit China. In Syrien haben die Amerikaner bereits Russland das Feld überlassen, auch in Libyen hält sich das Land zurück. Selbst Israel will sich nicht mehr auf die USA verlassen und baut seine Beziehungen mit arabischen Staaten aus. Wie lange diese Bündnisse halten, ist fraglich. Viele Experten befürchten, dass die Hemmschwelle für militärische Erstschläge sinken wird, je weiter die USA aus dem Spiel sind.

20 Jahre nach den Terroranschlägen sind die einstürzenden Türme des World Trade Centers zum Symbol des Verschwindens des langjährigen Weltpolizisten USA geworden. Und mahnende Ausrufezeichen, dass es neue Bündnisse wird geben müssen, wenn verhindert werden soll, dass das entstehende und teilweise bereits vorhandene Vakuum nicht von antidemokratischen Mächten gefüllt wird.

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Ines Pohl Büroleiterin DW Studio Washington@inespohl