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Im Schach ist Putin weiter der König

DW MA-Bild Holger Hank
Holger Hank
7. August 2022

Der Weltschachverband FIDE hat sich entschieden: Trotz der internationalen Sanktionen nach dem Angriff auf die Ukraine führt der Russe Arkadi Dworkowitsch weiter die Organisation an. Ein Desaster, meint Holger Hank.

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Arkady Dvorkovich, Dmitry Medvedev und Vladimir Putin (l.-r.) stehen nebeneinander an einem Geländer.
Wladimir Putin (r.) zusammen mit Arkadi Dworkowitsch (l.) und Dmitry Medvedev im Jahr 2014Bild: ITAR-TASS/IMAGO

In der Welt der Schach-Funktionäre ist scheinbar alles noch in bester Ordnung. Zwar gibt es auch im Schachsport Sanktionen gegen Russland und Belarus - doch die gelten nur für die Spieler. Nur so ist es zu erklären, dass jetzt auf dem FIDE-Kongress im indischen Chennai der bisherige Präsident einfach wiedergewählt wurde. Arkadi Dworkowitsch war bis 2018 Vize-Ministerpräsident Russlands und Vorstandsvorsitzender der (kriegswichtigen) russischen Eisenbahn. Seit 2018 ist er der Chef des Weltschachbunds - und wird es nun für weitere vier Jahre bleiben.

Holger Hank
DW-Redakteur Holger HankBild: P. Böll/DW

Denn die Schach-Funktionäre taten so, als ob es den Krieg des Schachfans Wladimir Putin in der Ukraine nicht gäbe. Eine politische und moralische Bankrott-Erklärung. Dworkovitschs Gegenkandidat konnte noch nicht einmal einen Achtungserfolg erringen: Der ukrainische Schach-Großmeister Andrii Baryshpolets kam gerade einmal auf 16 von insgesamt 179 Stimmen. Gut, dass der Deutsche Schachbund - wie vor zwei Monaten angekündigt - den unterlegenen Ukrainer unterstützt hat.

Schach ist in Russland auch Politik

Sportverbände behaupten gerne, dass sie unpolitisch wären. Für den Schachsport hat das noch nie gegolten - vor allem nicht in Russland. Schach ist dort weit mehr als nur ein Nischensport für Nerds. Putin zeigt sich immer wieder gerne mit prominenten Schachspielern. Zwar hatte Dworkowitsch versucht, sich öffentlich ein wenig von dem russischen Angriffskrieg zu distanzieren.

Aber unterm Strich ist das Signal, das der Schachsport aussendet, fatal: Wieder einmal ist es nicht gelungen, den übermächtigen Einfluss Russlands im Sport einzudämmen. Im Gegenteil: Trotz der weltweiten Sanktionen hat es Russland geschafft, einen der ihren an der Spitze eines internationalen Sportverbands zu halten. Für Putin ist das ein Grund zum Feiern.

Präsident des Weltschachverbandes Arkadi Dworkowitsch
Weiter Chef des Weltschachbunds FIDE: Arkadi Dworkowitsch aus RusslandBild: Denis Tyrin/ITAR-TASS/IMAGO

Sicher, Dworkowitsch hatte eine vergleichsweise gute Bilanz vorzuweisen. Nach Jahrzehnten, in denen die FIDE von Chaos und Korruption geprägt war, hatte er Professionalität und (zumeist russische) Sponsorengelder in den notorisch klammen Schachsport gebracht. Auch hatte er die clevere Idee, den allseits geschätzten Ex-Weltmeister Viswanathan Anand als Vertreter der aufstrebenden Schachnation Indien zu seinem Stellvertreter zu küren.

FIDE im Abseits?

Dass die FIDE unter Dworkowitsch aber jetzt einfach weiter machen kann wie bisher, ist zu bezweifeln. Westliche Sponsoren werden einen noch größeren Bogen um ihn und die FIDE machen. Hinzu kommt, dass Dworkowitsch möglicherweise bald selbst auf internationalen Sanktionslisten auftauchen könnte. "Wenn das passiert, ist es vorbei," mutmaßte selbst der Putin-nahe Ex-Weltmeister Anatoli Karpow vor der Wahl.

Schach-Weltmeister Magnus Carlsen
Weltmeister Magnus Carlsen geht jetzt eigene WegeBild: ANP/picture alliance

Für den Schachsport ist das alles ein Desaster. Denn eigentlich boomt das Brettspiel. In der Corona-Zeit hat sich der Sport zum Teil ins Internet verlagert. Längst dreht sich im Schach nicht mehr alles um die etwas schwerfälligen offiziellen Weltmeisterschaften. Der noch amtierende Champion, der Norweger Magnus Carlsen, hat die Zeichen der Zeit längst erkannt. Seinen Titel will der 31-Jährige erst einmal nicht verteidigen, aber Schach spielen wird der mit Abstand beste Schachspieler der Welt weiter - in Eigenregie. Geld in den Sport bringt er mit seiner börsennotierten "Play Magnus Group".

Ein Weltschachverband, der eng an der Seite des wirtschaftlich und politisch isolierten Russland steht, wird da nur schwer mithalten können. Andere große Schachverbände - wie der Deutschlands - werden noch mehr auf Distanz gehen. Gut möglich, dass sich die Schachfunktionäre selbst schachmatt gesetzt haben.