Das war er nun, der G7-Gipfel im Elmau, für dessen Erfolg hauptsächlich Deutschland sorgen wollte. Manches gelang auch durchaus, wenn man bedenkt, dass die Welt sich gerade neu ordnet. Endlich also öffnet sich der reiche, demokratische Westen für die aufstrebenden Demokratien des globalen Südens.
Diesmal lud man nicht die bewährten Partner aus der Ferne ein, diesmal saßen diejenigen mit am Tisch, die man bald an die Autokraten dieser Welt verlieren könnte - vor allem die Global Player Indien und Indonesien, aber auch Südafrika, Senegal und Argentinien. Was das genau für die Zukunft bedeutet, ist noch nicht klar, aber es wurden ein paar Schritte in die richtige Richtung gemacht.
Fünf vor zwölf fließt das Geld
Auch die massiven Investitionen, die die G7-Gruppe in den kommenden Jahren in Infrastrukturprojekte in Schwellen- und Entwicklungsländer plant, senden ein positives Signal. 600 Milliarden Dollar als Angebot an den globalen Süden sollen eine Alternative zu den dominanten Angeboten aus China darstellen.
Dieses Vorgehen zeigt jedoch weniger die Großzügigkeit des Westens, sondern eher seine Not. Die reichen Demokratien müssen ihre Glaubwürdigkeit in den postkolonialen Ländern Afrikas und Asiens erst noch aufbauen - und das um "fünf vor zwölf". Immerhin hat der Westen begriffen, dass sich die Länder des globalen Südens längst auch in andere Richtungen orientiert haben, manchmal auch in Richtung Autokraten.
Langfristige Perspektiven für die Ukraine
Das zeigt sich deutlich beim Thema Russland: Manche der Teilnehmer schienen überrascht, wie schwer es ist, einige Länder des globalen Südens von der russischen Verantwortung für die drohende Hungerkrise zu überzeugen. Schon wieder war die russische Propaganda schneller, in der der Westen als Buhmann ausgemacht wurde, weil er Russland mit Sanktionen belegt hat. Die 4,5 Milliarden US-Dollar, die die G7 jetzt für den Kampf gegen den Hunger versprochen haben, sind wichtig, aber sie reichen nicht aus, um den weltweiten Destabilisierungsversuchen Moskaus auf verschiedenen Ebenen entgegenzuwirken.
Der Krieg in der Ukraine überschattet alles. So wurden weitere Sanktionen gegen Russland verhängt und der Ukraine wurden 30 Milliarden Euro Finanzhilfen für 2022 zugesagt. Man wolle der Ukraine so lange wie nötig zur Seite stehen, heißt es in der Abschlusserklärung auf Schloss Elmau. Zum ersten Mal äußert sich die internationale Gemeinschaft so klar zu dem, was nach dem Krieg passieren wird. Die G7 kündigen außerdem einen "Marshallplan" zum Wiederaufbau der Ukraine an.
Das klingt auf den ersten Blick beruhigend, doch die meisten Ukrainer fragen sich, was ihnen eine gute Perspektive nutzt, wenn der Krieg noch lange nicht entschieden, geschweige denn gewonnen, ist? Auch wenn das, was beschlossen wurde, wichtig ist: Der Ukraine wäre momentan vielmehr mit einer Deckelung der Öl- und Gaspreise, mit einem breit getragenen Goldembargo und mit mehr Waffen geholfen.
Verpasste Chance von Olaf Scholz
Dass hinter den Perspektiven noch wenig Konkretes steckt, veranschaulichte der Bundeskanzler auf der Pressekonferenz. In der Abschluss-Erklärung der G7-Gruppe ist auch die Rede von "langfristigen Sicherheitszusagen" für die Ukraine nach dem Krieg. Auch das klingt gut, doch ich bat den Bundeskanzler, ob er konkretisieren könne, was "Sicherheitszusagen" bedeute: Er grinste und antwortete: "Ja. Ja, ich könnte. Das ist meine Antwort." Er tat es aber nicht und ging zur nächsten Frage über.
Es war eine ernst gemeinte Frage, die eine Antwort verdient hätte. Der Eindruck, er vertröste die Ukraine weiterhin, bleibt an ihm haften. Der Gipfel war für den Bundeskanzler eine Art internationale Feuertaufe. Olaf Scholz hätte die Chance besser nutzen können, Führungsstärke zu demonstrieren.