"Mein Einsatz": Nizaqete Bislimi
7. November 2015Autoren, Musiker, Künstler, Theaterleute – viele sehen sich als Bürger dieser Welt und nutzen ihre Popularität, um zur Solidarität mit Flüchtlingen aufzurufen, Spenden zu sammeln oder aufkeimenden Rassismus zu kritisieren. Woher kommt ihr Engagement? Drei Fragen, drei Antworten: unsere DW-Serie "Mein Einsatz".
DW: Wie setzen Sie sich für Flüchtlinge ein?
Nizaqete Bislimi: Also erst einmal ganz individuell, indem ich sie als Rechtsanwältin vertrete und ihnen zu ihrem Recht verhelfe. Darüberhinaus bin ich auch politisch aktiv und weise darauf hin, wie schwierig es doch heute mit den in unserer Gesellschaft bestehenden Regelungen ist, sich als Flüchtling zu integrieren, welche Hürden da bestehen. Und drittens setze ich mich insbesondere für die Minderheit der Roma ein, der ich selber angehöre. Ich bin Vorsitzende des Bundes-Roma-Verbandes und bin daher auch in diesem Rahmen politisch aktiv. Wir gehen an die Öffentlichkeit, um für unsere Sache zu kämpfen, wir organisieren alljährlich am 8. April Aktionen zum Internationalen Roma-Tag, und wir veranstalten Demonstrationen und geben uns so eine Stimme. Ich persönlich versuche, immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Unterteilung in gute und in schlechte Flüchtlinge überhaupt nicht mit den Menschenrechten zu vereinbaren ist.
Warum tun Sie es?
Ich war selber vor 22 Jahren Flüchtling. Ich bin hierher gekommen und habe ein Asylverfahren durchgemacht. Ich weiß, wie es ist, als Geflüchteter hierher zu kommen, wie schwierig die Anfänge sind, wie viele Hürden man überwinden muss, und wie viel Kraft das alles kostet. Es ist also eine persönliche Sache.
Was möchten Sie damit bewirken?
Ich möchte ganz viel bewirken! Ich habe verschiedene Botschaften, aber vor allem fände ich es gut, wenn beispielsweise auch durch mein Buch "Durch die Wand" ein wenig Sensibilisierung in der Gesellschaft geschaffen und den Menschen in der Mehrheitsbevölkerung auch klar würde, dass auch Flüchtlinge doch Individuen sind. Das sind neue Nachbarn, die da nach Deutschland kommen, und da sollten keine Berührungsängste bestehen. Man sollte den einzelnen Menschen kennenlernen und die Flüchtlinge nicht einfach nur als Masse wahrnehmen.
14 Jahre lang lebten Nizaqete Bislimi und ihre Familie in Flüchtlingsunterkünften und im Status der Duldung. Inzwischen ist sie Deutsche und Anwältin für Asylrecht in der Kanzlei, die einst ihre Familie vertrat. Als Vorsitzende des Roma-Bundes ist sie für die Medien eine gefragte Gesprächspartnerin. Seitdem Ende September ihr Erfahrungsbericht "Durch die Wand. Von der Asylbewerberin zur Rechtsanwältin" erschien und schnell zum Bestseller wurde, ist sie auch als Autorin und Expertin zu Flüchtlingsthemen gefragt.