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Mehr Impfdurchbrüche und Corona-Infektionen

29. Oktober 2021

Zwei Drittel der Menschen in Deutschland sind vollständig gegen das Coronavirus geimpft, die Zahl der Impfdurchbrüche steigt. Und auch die rapide wachsende Zahl der Neuinfektionen macht immer mehr Bürger nervös.

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Symbolbild I Corona Schutzimpfung beim Hausarzt
Diese Patientin hat gerade eine Corona-Schutzimpfung erhaltenBild: Frank Hoermann/SvenSimon/picture alliance

Von Anfang Februar bis Ende voriger Woche hat das Robert Koch-Institut (RKI) 117.763 wahrscheinliche Impfdurchbrücheregistriert - also Coronavirus-Infektionen mit COVID-19-Symptomen trotz vollständiger Impfung. In diesem Zeitraum wurden 55 Millionen Menschen vollständig geimpft, wie aus dem RKI-Wochenbericht hervorgeht. Demnach starben insgesamt 1076 Menschen mit Impfdurchbrüchen, 782 von ihnen waren mindestens 80 Jahre alt. "Das spiegelt das generell höhere Sterberisiko - unabhängig von der Wirksamkeit der Impfstoffe - für diese Altersgruppe wider", heißt es in dem Bericht.

Der Anteil der Impfdurchbrüche an allen COVID-19-Fällen zeige, "dass nur ein geringer Anteil der hospitalisierten, auf Intensivstation betreuten beziehungsweise verstorbenen COVID-19-Fälle als Impfdurchbruch zu bewerten ist". Das RKI nennt die Zunahme von Durchbruchinfektionen im Laufe der Zeit "erwartbar": Immer mehr Menschen seien geimpft, das Virus breite sich wieder vermehrt aus. "Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, als vollständig geimpfte Person mit dem Virus in Kontakt zu kommen."

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern hatten beschlossen, dass die Auffrischimpfungen Menschen ab 60 Jahre nach ärztlicher Beratung angeboten werden können. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte Anfang Oktober ihre Empfehlung zu solchen ausgeweitet. Sie richtet sich an Menschen ab 70 Jahre, Menschen mit geschwächtem Immunsystem, Bewohner von Pflegeheimen, Pflegepersonal und medizinisches Personal mit direktem Kontakt zu Patienten. Auch Menschen, die den Impfstoff von Johnson & Johnson bekommen haben, können ihren Schutz mit einer Dosis mRNA-Impfstoff verbessern. Die Impfverordnung sieht die Möglichkeit zur Auffrischung grundsätzlich für alle vor, für die es zugelassene Impfstoffe gibt.

Inzidenz-Wert legt rapide zu

Derweil steigt die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz weiter rapide an: Das Robert Koch-Institut gab die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche am Freitagmorgen mit 139,2 an. Am Donnerstag hatte der Wert bei 130,2 gelegen, vor einer Woche bei 95,1. Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 24.668 Corona-Neuinfektionen. Vor einer Woche hatte der Wert bei 19.572 Ansteckungen gelegen. Deutschlandweit wurden den neuen Angaben zufolge binnen 24 Stunden 121 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 116 Todesfälle.

Die Impfung kommt zu den Menschen

Die Zahl der in Kliniken aufgenommenen Corona-Patienten je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen lag am Donnerstag bei 3,31. Am Mittwoch betrug sie 3,07. Dieser Wert ist der wichtigste Parameter für eine mögliche Verschärfung der Corona-Beschränkungen. Ein bundesweiter Schwellenwert, ab wann die Lage kritisch zu sehen ist, ist für die Hospitalisierungs-Inzidenz unter anderem wegen großer regionaler Unterschiede nicht festgelegt. Der bisherige Höchstwert lag um die Weihnachtszeit bei rund 15,5.

Charité-Forscher fordert mehr Booster-Impfungen

Mit Blick auf die sich verschlechternden Corona-Lage in Deutschland ruft der Impfstoffforscher Leif Sander dazu auf, die Corona-Auffrischimpfungen auszuweiten. "Allen impfbereiten Menschen eine dritte Impfung ein halbes Jahr nach der Zweitimpfung anzubieten, hätte auch einen dämpfenden Effekt auf die Virusverbreitung in der Bevölkerung", sagte der Charité-Wissenschaftler der Deutschen Presse-Agentur. "Wir bräuchten jetzt sechs bis acht Wochen lang eine große Kampagne wie zu Beginn des Jahres, mit Impfzentren und mobilen Impfteams." Dadurch könnten womöglich zusätzlich auch einige Ungeimpfte doch noch erreicht werden. Der Appell zur Auffrischung müsse von Ärzten und der Politik kommen und solle sich insbesondere an Menschen ab 60 richten.

Deutschland | Bundespressekonferenz Leif Erik Sander
Leif Erik Sander, Leiter der Forschungsgruppe für Impfstoff-Forschung an der Berliner CharitéBild: Jens Krick/Flashpic/picture alliance

"Ich sehe den Herbst und Winter mit großer Sorge", sagte Sander. "Wir sind in einer kritischen Phase der Pandemie." Die Impfkampagne stagniere viel zu früh, wichtige Teile der Bevölkerung seien noch nicht geimpft, darunter auch viele ältere Menschen mit höherem Risiko für schwere und tödliche Verläufe. Hinzu kämen eine nachlassende Immunität bei älteren Geimpften, die viel ansteckendere Delta-Variante und ein stark überbeanspruchtes Gesundheitssystem.

Nach bisherigem Wissensstand könne die Gabe von insgesamt drei Impfstoffdosen den besten Schutz vor Sars-CoV-2 aufbauen, erläuterte Sander. Ein solches Schema sei auch von anderen Impfungen bekannt. Der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn hatte sich am Donnerstag eine Auffrischungsimpfung geben lassen und dafür geworben, dass viele andere dies auch tun.

kle/ehl (dpa, afp, rtr)