Simbabwe nimmt neue Verfassung an
19. März 2013Robert Mugabe hatte das Land schon verlassen, als der Leiter der Wahlkommission das Ergebnis der Wahl verkündete. Schon am Montag war der Staatspräsident nach Rom geflogen, um bei der Einführung des neuen Papstes dabei zu sein. Kaum war der im Amt, trat in Harare der Leiter der staatlichen Wahlkommission, Lovemore Sekeramayi, vor die Journalisten. Mehr als drei Millionen Simbabwer hätten für den Entwurf gestimmt, sagte er - knapp 180.000 dagegen.
Für Simbabwes Staatschef Robert Mugabe - und für jeden möglichen Nachfolger - ändert sich damit künftig eine Menge. Der Präsident kann die Provinzgouverneure nicht mehr im Alleingang ernennen, er darf das Parlament nur noch mit dessen Zustimmung auflösen, er darf sich nur noch einmal wiederwählen lassen. Amtsjahre aus der Zeit vor der neuen Verfassung werden allerdings nicht angerechnet. Der 89-jährige Mugabe führt das Land bereits seit 1980, könnte theoretisch aber noch zwei fünfjährige Wahlperioden lang amtieren.
Erstmals sind durch die neue Verfassung auch die Grundrechte jedes Bürgers garantiert. "Die neue Verfassung ist ein Schritt zu mehr Demokratie in Simbabwe", sagt Jürgen Langen, Leiter des Landesbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung, im Interview mit der DW.
EU lobt die Abstimmung
Mugabes langjähriger Gegenspieler wählte fast die gleichen Worte: "Die neue Verfassung ist ein Kind des Kampfes für mehr Demokratie in Simbabwe", sagte Premierminister Morgan Tsvangirai auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz in Harare. Seit 2008 bildet seine Partei MDC mit Mugabes ZANU-PF-Partei eine wackelige Einheitsregierung. Die Einführung der neuen Verfassung war Teil des Koalitionsvertrages. Für Tsvangirai hat sie jedoch einen erheblichen Nachteil: Sein Posten fällt künftig weg.
Beifall bekam Simbabwe auch von einer ungewohnten Seite: "Die Abstimmung ist ruhig verlaufen", lobte der EU-Vizebotschafter in Harare, Carl Skau. Westliche Beobachter hatte die Regierung zwar nicht zugelassen, doch die Beobachter der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC) hatten der Abstimmung gute Noten erteilt.
Ab Freitag keine Sanktionen mehr?
Die neue Verfassung scheint das Image des Landes deutlich zu verbessern: Am kommenden Freitag (22.03.2013) werde die EU in Brüssel beraten, ob sie ihre Sanktionen gegen Simbabwe aufrechterhält, kündigte Skau an. 2002 hatte die Europäische Union Sanktionen gegen das Land verhängt. Unter anderem dürfen Präsident Mugabe und 100 weitere Personen nicht in die EU einreisen, Bankkonten wurden eingefroren und ein Waffenembargo verhängt.
Simbabwes Zivilgesellschaft ist hingegen vorsichtig: "Mir bedeutet die neue Verfassung nichts", sagt der Sprecher einer Menschenrechtsorganisation im DW-Interview, der nicht genannt werden möchte. Denn selbst nach der Abstimmung blieben Simbabwes Sicherheitskräfte unberechenbar: Am vergangenen Sonntag verhaftete die Polizei fünf Mitarbeiter von Premierminister Tsvangirai. Auch deren Anwältin sitzt in Haft.
Sicherheitskräfte bleiben unberechenbar
Vor dem Referendum hatte die Polizei Schlagzeilen gemacht, weil sie Radios beschlagnahmt hatte, die Nichtregierungsorganisationen in der Bevölkerung verteilen wollten. Bisher standen die Sicherheitskräfte zu Präsident Robert Mugabe und seiner ZANU-PF-Partei - unabhängig von der Gesetzeslage: So soll Polizeichef Augustine Chihuri nach Agenturberichten seinen Untergebenen erklärt haben, dass nur Unterstützer des Präsidenten einen Platz in seiner Truppe hätten.
Spannend wird, ob Simbabwes Verfassung den Wahlkampf positiv beeinflussen kann. Bis Oktober müssen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen abgehalten werden. Nach der Verhaftung der Tsvangirai-Mitarbeiter haben viele Oppositionsanhänger Sorge, dass der Druck auf Oppositionsparteien und Zivilgesellschaft zunimmt - der neuen Verfassung zum Trotz.
Freie Wahlen nur wenn alle mitmachen
Jürgen Langen von der Konrad-Adenauer-Stiftung glaubt, dass Präsident Mugabe und Premierminister Tsvangirai eine glaubwürdige Abstimmung wollen. "Aber freie und faire Wahlen hängen nicht nur von den beiden ab, sondern vom Verhalten der zweiten und der dritten Reihe im Staatsapparat - das schließt auch die Sicherheitskräfte ein."