Medien: Bundeswehr baut Cyber-Reserve auf
29. Oktober 2016Für die sogenannte Cyber-Kriegführung will die Bundeswehr künftig auch auf Experten für Informationstechnologie (IT) aus der freien Wirtschaft zurückgreifen. Die Bundeswehr werde "gezielt eine hoch qualifizierte und schlagkräftige ,Cyber-Reserve'" aufbauen, heißt es im Entwurf eines Konzepts für eine solche Reserve, das der "Süddeutschen Zeitung" vorliegt. Dabei wolle man "auch auf ungediente Freiwillige und Seiteneinsteiger" zurückgreifen, so das interne Dokument aus dem Verteidigungsministerium.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat vor einiger Zeit die Aufstellung eines eigenen Cyber-Organisationsbereichs in der Bundeswehr angestoßen. Inzwischen habe jedoch die Führung der Truppe zwei Hauptprobleme erkannt, schreibt das Blatt. Zum einen werde die personelle Stärke dieser Cyber-Truppe auf Dauer kaum reichen. Zum anderen werde die Bundeswehr auch künftig nicht mit Unternehmen mithalten können, die den Spezialisten deutlich mehr Gehalt bieten können. Statt mit den Unternehmen zu konkurrieren, solle die Truppe nun mit ihnen kooperieren.
Vier Zielgruppen identifiziert
Nach Angaben aus Militärkreisen soll die "Cyber-Reserve" Ende 2017 zwischen 100 und 200 Personen umfassen und damit die sogenannte Anfangsbefähigung erreicht haben. In dem Konzept werden vier Zielgruppen definiert, um die man sich besonders bemühen wolle. Zum einen gehe es um "Exzellenzen" sowie "Top-Führungskräfte", die für einzelne Projekte oder "spezifische Beratungsleistungen" gewonnen werden sollen. Zum anderen sollen ausscheidende Soldaten mit IT-Kenntnissen an die Truppe gebunden werden. Vor allem aber will man sich um Seiteneinsteiger bemühen. Hier kämen "ungediente bzw. gediente Personengruppen mit einschlägigem Cyber-/IT-Hintergrund in Betracht", heißt es in dem Entwurf, für den der stellvertretende Generalinspekteur Markus Kneip zuständig ist.
Besonders deutlich wird der neue Ansatz an einer vierten Zielgruppe: "Freiwillige, die sich außerhalb der Reserve engagieren wollen." Hierzu zählten "auch Freiwillige mit herausragenden (Programmier-)Fähigkeiten, Studierende, Angehörige von Nicht-Regierungsorganisationen, Vereinen oder Verbänden, sonstige Talente oder Freiberufler". Als Beispiel werden sogenannte Ethical Hacker genannt, die in gemeinsamen Übungen Angriffe simulieren könnten, um Lücken aufzudecken.
Das Verteidigungsministerium wollte dem Bericht zufolge den Entwurf nicht kommentieren. Ein Sprecher verwies darauf, dass er noch in der "finalen Abstimmung" sei. Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt weiter, Anstoß für die Initiative dürfte ein Besuch von der Leyens im Jahr 2015 in Estland gewesen sein, wo die Streitkräfte in Sachen Cyber-Krieg bereits intensiv mit der Wirtschaft kooperieren würden.
kle/djo (dpa, sueddeutsche.de)