May verliert weitere Brexit-Abstimmung
14. Februar 2019Mit 303 gegen 258 Stimmen haben die Abgeordneten im britischen Unterhaus eine Regierungsvorlage zum Brexit durchfallen lassen. Mit dem - eher symbolischen - Votum hätte Premierministerin Theresa May erneut aufgefordert werden sollen, über den umstrittenen sogenannten Backstop zu verhandeln und auszuschließen, dass Großbritannien die EU ohne Abkommen verlässt.
Der Text bestätigte lediglich die Entscheidungen einer früheren Abstimmungsrunde Ende Januar. May hatte sich damals zum Erstaunen Brüssels hinter die Forderung nach Nachverhandlungen gestellt und war damit auf die Brexit-Hardliner zugegangen. Bei der neuerlichen Abstimmung ging es vor allem um Mays Glaubwürdigkeit, doch noch eine Mehrheit im Parlament für ihren Brexit-Deal erreichen zu können - und damit um ihre Verhandlungsposition in Brüssel. Die EU lehnt Änderungen am Brexit-Abkommen bisher allerdings ohnehin ab.
Mitglieder ihrer eigenen Tory-Fraktion hatten zuvor angekündigt, sich zu enthalten. "Konservative Parlamentarier sollten mit nichts in Verbindung gebracht werden, mit dem ein Austritt ohne Abkommen ausgeschlossen wäre", sagte der Vorsitzende der EU-skeptischen European Research Group, Steve Baker. "Einen No-Deal zu gefährden, wäre die bescheuertste Verhandlungsstrategie und nicht im nationalen Interesse."
Labour-Antrag knapp durchgefallen
Vor der Abstimmung über die Regierungsvorlage hatten die Abgeordneten über zwei Änderungsanträge entschieden. Ein Antrag der Labour-Opposition sah vor, dass die Regierung bis zum 27. Februar das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen erneut zur Abstimmung stellen oder zugeben muss, dass der Deal vom Tisch ist und das Parlament über das weitere Vorgehen zu entscheiden hat. Die Vorlage fiel mit nur 16 Stimmen Mehrheit durch.
Nur 93 Stimmen bei 315 Gegenstimmen erhielt ein Antrag der Schottischen Nationalpartei, der forderte, dass die Regierung sofort in Verhandlungen mit Brüssel über eine mindestens dreimonatige Verschiebung des Brexit-Datums vom 29. März eintreten solle.
Einen dritten Antrag hatte die Pro-EU-Rebellin Anna Soubry aus der regierenden Konservativen Partei kurz vor der Abstimmung zurückgezogen. Soubry wollte erreichen, dass die Regierung innerhalb von sieben Tagen die jüngsten Regierungsdokumente zu den befürchteten Folgen eines Brexits ohne Abkommen veröffentlicht.
Der in langen Gesprächen mit der EU ausgehandelte Brexit-Vertrag war in seiner derzeitigen Fassung Mitte Januar im Unterhaus durchgefallen. Das Parlament besteht auf Nachbesserungen. Dabei geht es vor allem um den sogenannten Backstop, mit dem die EU eine harte Grenze zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem EU-Mitglied Irland verhindern will.
Zankapfel Backstop
Den Brexit-Hardlinern ist die Auffanglösung ein Dorn im Auge: Sie befürchten, dass Großbritannien damit auf unabsehbare Zeit an die EU gebunden bliebe. Derzeit sprechen London und Brüssel wieder miteinander - auch wenn momentan wenig Bereitschaft in Brüssel erkennbar ist, die erzielten Vereinbarungen wieder aufzuschnüren.
Die deutsche Justizministerin Katarina Barley hatte vor der Abstimmung gegenüber der DW klargestellt, dass sie nichts von der Verhandlungsstrategie Mays hält. "In den letzten Wochen war mein Gefühl, dass Theresa May nur noch versucht, Zeit zu gewinnen und mehr Druck auf die anderen EU-Mitgliedstaaaten zu machen. Das ist eine Strategie, die nicht funktionieren wird", sagte Barley der DW.
"Die Menschen haben Angst"
Insbesondere der Backstop sei nicht verhandelbar, sagte die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl weiter. " Ich war selbst vor Ort in der Grenzregion. Die Menschen haben wirklich Angst vor einer neuen harten Grenze. Und wir brauchen diesen Backstop als Teil des Abkommens", so Barley.
May hatte das Unterhaus am Dienstag um mehr Zeit für ihre Brexit-Verhandlungen mit der EU gebeten. Sie sei überzeugt, den Parlamentariern am Ende ein überarbeitetes zustimmungsfähiges Austrittsabkommen vorlegen zu können.
Kritiker wie Labour-Chef Jeremy Corbyn werfen May vor, mit aussichtslosen Nachverhandlungen Zeit zu schinden. Sie wolle das Parlament Ende März kurz vor dem EU-Austritt zu einer Friss-oder-stirb-Abstimmung über ein leicht verändertes Brexit-Paket zwingen, so der Vorwurf. Wann das Parlament erneut über den Vertrag abstimmen soll, ist immer noch unklar.
stu/jj (dpa, afp)