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Mali wieder im Krieg

Philipp Sandner20. Mai 2014

Nach heftigen Zusammenstößen in Kidal sieht sich Malis Regierung wieder im Krieg gegen Tuareg-Rebellen. Verhandlungen scheinen unmöglich.

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MNLA-Kämpfer in Kidal Foto: REUTERS/Cheick Diouara
Bild: Reuters

"Explosiv" - so beschreibt Moussa ag Assarid, Sprecher der Nationalen Bewegung für die Befreiung von Azawad (MNLA), die Situation in der nordmalischen Stadt Kidal. Dort waren bei schweren Kämpfen mit staatlichen Sicherheitskräften am Samstag (17.05.2014) mindestens 36 Menschen ums Leben gekommen. 28 Verwaltungsangestellte, die die MNLA, eine Vereinigung malischer Tuareg-Rebellen als Geiseln genommen hatte, sind inzwischen wieder freigelassen. Doch dies waren keine Geiseln, betont Assarid im Gespräch mit der Deutschen Welle: Es waren "politische Gefangene". Die Gruppe behandle ihre Gefangenen stets nach den Maßstäben der Genfer Konvention, so Assarid. Nach der Freilassung ging es ihnen Umständen entsprechend gut, sagte ein UN-Sprecher der Nachrichtenagentur AFP.

Unter welchen Umständen die Gefangenen freigelassen wurden, ist nicht bekannt. Der DW hatte Assarid gesagt: "Wir verlangen kein Lösegeld, wir wollen nur, dass unsere Rechte gewahrt werden."

Seit Monaten verhandeln Regierung und Rebellen um den Status des Nordens. Die Regierung pocht auf die Einheit des Staats. Die MNLA wünscht sich weitgehende Autonomie. Zuerst hatte die Bewegung die Unabhängigkeit angestrebt. Im Verbund mit islamistischen Gruppen brachte sie 2012 zwei Drittel des Landes unter ihre Kontrolle. Erst Anfang 2013 gelang es der malischen Armee mit Hilfe französischer Truppen, das Land zurückzuerobern.

Zwei Freuen schwenken Fahnen der Republik Aswad AP Photo/Rebecca Blackwell, File
Viele Tuareg wünschen sich einen eigenen StaatBild: picture-alliance/AP

Ungebetener Gast

In Reaktion auf die aktuellen Vorfälle hat die malische Regierung bereits Soldaten zur Verstärkung nach Kidal abgestellt. "Die Terroristen haben Mali den Krieg erklärt", wetterte der erst seit April amtierende Ministerpräsident Moussa Mara: "Also befindet sich Mali im Krieg." Mara befand sich zur Zeit der Gefechte auf seiner Antrittsreise in den Norden des Landes. Auch Kidal stand auf dem Programm. "Der Besuch des malischen Premierministers hat eine starke symbolische Wirkung", sagt der Ethnologe Georg Klute von der Universität Bayreuth. Nicht nur, dass die neue Regierung vorab verkündet habe, gar nicht über die Autonomie der Region verhandeln zu wollen. "Indem er selbst seinen Fuß nach Kidal setzt, belegt Mara den Anspruch Malis auf diese Region."

Die Reise des Ministerpräsidenten nach Kidal hatte sich verzögert, weil die MNLA aufgerufen hatte, auf dem Gelände des Flughafens gegen seinen Besuch zu demonstrieren. Die Bevölkerung von Kidal werfe der Regierung vor eine Verzögerungstaktik bei den Verhandlungen mit den Rebellen vor, sagt Ethnologe Klute. Der Norden Malis ist eine sehr arme Region. Viele dort fühlen sich von der Regierung vernachlässigt. Die verspricht, nachzubessern. Für die wirtschaftliche Entwicklung des Nordens will sie internationale Hilfsgelder einsetzen.

Karte Mali mit Bamako Gao Kidal Tessalit
Bild: DW

Verhärtete Fronten

Eine Besonderheit des Verwaltungsbezirks Kidal ist, dass dort mehrere Aufstände ihren Anfang nahmen: Schon in den 1960er und 1990er Jahren forderten Tuareg dort mehr Rechte. Auch die Rebellion von 2012 begann in Kidal. Zu dieser Tradition des bewaffneten Widerstands komme, dass die Menschen in Kidal besonders stark auf Rache sinnen würden, sagt Klute: "All diejenigen, die Angehörige verloren haben, können und wollen das nicht vergessen und keinen Schlussstrich ziehen."

Moussa Ag Assarid Foto: Xavier Malafosse/Wostok Press/Maxppp France
MNLA-Sprecher Moussa ag AssaridBild: picture-alliance/dpa

Die verhärteten Fronten machen es schwer vorstellbar, dass sich der neu aufflammende Konflikt friedlich beilegen lässt. Viele DW-Hörer in Mali zeigen sich hoffnungslos. Wie solle die Regierung mit jemand verhandeln, der keinen Sinn von Menschlichkeit habe, fragt einer von ihnen auf der Facebook-Seite des französischen Programms. Doch auch eine andere Sorge äußern Hörer dort: Was wäre, wenn das Land wirklich zerfällt? Auch dem Sudan habe die Teilung nicht geholfen. Der Südsudan, der 2011 infolge eines Referendums seine Unabhängigkeit erlangte, ist zurzeit Schauplatz eines grausamen Bürgerkriegs.