Mali: Mit deutscher Hilfe zur Versöhnung
6. Februar 2014In Mali wird die Diskussion um die Ausweitung des deutschen Bundeswehreinsatzes in dem westafrikanischen Land genau verfolgt. "Deutschland ist in Mali sehr gut angesehen", sagt Yakouba Berthé von der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) vor Ort. Zum einen, weil es Mali nach der Unabhängigkeit im Jahr 1960 als erster Staat anerkannt habe. "Zum anderen aber auch, weil die französischen Truppen derzeit an Zuspruch verlieren", so Berthé. "Die Bevölkerung hat den Eindruck, dass Frankreich die bewaffneten Gruppen schützt." Hintergrund ist das Vorgehen Frankreichs, im Kampf gegen Dschihadisten mit Tuareg-Milizen zusammenzuarbeiten. "Wenn Deutschland sich also Seite an Seite mit Mali engagieren würde, würde das große Zustimmung finden", so der KAS-Experte.
Auch der malische Versöhnungsminister Cheick Oumar Diarrah betont im Interview mit der Deutschen Welle: "Wir haben ein großes Reformprogramm gestartet, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Justiz und beim Sicherheitsapparat. Jegliche Unterstützung bei der Umsetzung der Reformen ist uns willkommen, etwa von Seiten Deutschlands oder der Europäischen Union. Wir brauchen Expertise, materielle und finanzielle Hilfe."
Versöhnungsminister fand wenig Beachtung
Bei seinem Deutschland-Besuch in der vergangenen Woche fand Diarrah dennoch verschiedenen Quellen zufolge wenig Beachtung seitens seiner Ministerkollegen. "Da kann man sich fragen, wie ernst die Aussagen von Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen [zu einem Engagement in Afrika] sind, wenn sie eine so zentrale Figur in einem regionalen Konflikt nicht empfangen", sagt Julia Leininger, Afrika-Koordinatorin beim Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE).
Sowohl Leininger als auch Berthé betonen, dass Deutschland sich in Mali auch zivil noch mehr engagieren solle: "Die politischen Parteien und die Akteure der Zivilgesellschaft müssen gestärkt werden", erläutert Berthé. Leininger nennt als positives Beispiel Deutschlands Unterstützung bei der angestrebten Dezentralisierung. Die müsse fortgesetzt werden. "Zumal eine der zentralen Forderungen der Tuareg ist, Mali in einen föderalen Staat umzuwandeln, mit mehr Autonomie für die Nordregion. Das ist sicher etwas, wo Deutschland beratend zur Seite stehen kann."
Erst Entwaffnung, dann Dialog
Mali hat zwar seit September 2013 mit Ibrahim Boubacar Keïta einen demokratisch gewählten Präsidenten und seit Dezember ein demokratisch gewähltes Parlament - "Der Versöhnungsprozess wird aber noch eine Weile dauern", betont Berthé. "Erst, wenn die Parteien wirklich an einem Tisch sitzen und verhandeln, kann man von Versöhnung sprechen. Bislang aber sind bestimmte Gruppierungen noch nicht entwaffnet - und wenn sie fliehen, können sie wieder zu einem Risiko für Frieden und Sicherheit werden." Erschwerend komme hinzu, dass sich eine neue Gruppierung gebildet habe, die keine politischen Forderungen vertrete, sondern nur aus Kriminellen bestünde, fügt Afrika-Expertin Leininger hinzu: "Es ist bekanntermaßen schwer, mit Kriminellen zu verhandeln. Mit der italienischen Mafia würde man auch nicht verhandeln."
Mali war nach einem Militärputsch gegen den damaligen Präsidenten Amadou Toumani Touré vor fast zwei Jahren ins Chaos gestürzt: Tuareg-Rebellen und islamistische Gruppen hatten das Machtvakuum nach dem Sturz des Staatschefs genutzt und vorübergehend den Norden des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. Erst eine französische Militärintervention im Januar 2013 stoppte den Vormarsch der Islamisten nach Süden. Seit Juli 2013 ist die UN-Mission MINUSMA in Mali stationiert. Doch die Sicherheitslage ist nach wie vor angespannt.
Während die Regierung um nationale Versöhnung ringt, wird die Ernährungssituation im Norden des Landes immer kritischer: Schon jetzt brauchten rund 800.000 Personen Nahrungsmittelhilfe. In den kommenden Wochen und Monaten könnte die Zahl der Hungernden bis auf drei Millionen steigen, warnen elf Hilfsorganisationen in einem gemeinsamen Aufruf. Besonders betroffen seien die Regionen um Gao, Timbuktu, Kidal und Mopti im Norden des Landes. Immer noch sind hunderttausende malische Flüchtlinge nicht nach Hause zurückgekehrt.