Jörg Immendorff gestorben
28. Mai 2007Als Jörg Immendorff im Juli 2004 mühselig auf der Anklagebank des Düsseldorfer Landgerichtes Platz nahm, um sich dem Prozess um eine Rauschgift-Orgie zu stellen, war klar: Sein langjähriges Leiden hatte den Maler schwer gezeichnet. Am Pfingstmontag (28.5.) ist Immendorff im Alter von 61 Jahren der Nervenkrankheit ALS erlegen, die zunächst seinen linken "Malerarm" gelähmt hatte und schließlich zum Herzstillstand führte. Die letzten Jahre vor seinem Tod konnte Immendorff sich kaum mehr bewegen. Dennoch arbeitete er weiter als Künstler, indem er seine Assistenten und Schüler "dirigierte". Noch im März hatte er Altkanzler Gerhard Schröder ein goldenes Porträt übergeben.
Beuys-Schüler und Skandalkünstler
Geboren 1945 im niedersächsischen Bleckede, wurde Immendorff in den 60er Jahren Student bei Joseph Beuys an der Kunstakademie Düsseldorf. Der junge, maoistisch gesonnene Künstler engagierte sich politisch und nannte ein Bild ironisch "Hört auf zu malen!". Kurz darauf wurde er nach etlichen dadaistischen Aktionen von der Akademie verwiesen. Seit 1996 war er dort selbst Professor, wurde aber zwischenzeitig ein Jahr lang beurlaubt. Die Kriminalpolizei hatte ihn mir einer gehörigen Menge Kokain und einer Reihe von Prosituierten in einem Düsseldorfer Nobelhotel erwischt. Dafür erhielt Immendorff eine hohe Geldstrafe sowie eine Haftstrafe auf Bewährung.
Seine Popularität nahm durch den Skandal keinen Schaden. Schon lange vor den "erotischen Inszenierungen", wie sein Verteidiger die Orgie beschrieb, beschäftigte der Künstler die Boulevardmedien heftig. Der Boulevardpresse diente er ohne Widerwillen als Klischee-Künstler - ein exaltierter Bohemien zwischen vermuteter Genialität und wahrer Triebhaftigkeit, zwischen "Spaßgesellschaft" und absehbar tragischem Ende. Gemeinsam mit seiner 34 Jahre jüngeren Ehefrau Oda Jaune-Immendorff zeigte er sich Jahre lang auf zahlreichen Hochglanz-Partys.
"Café Deutschland"
Mit seiner Krankheit, die vor dem Erstickungstod zunächst Arme und Beine lähmt, ging er in den letzten Jahren offen um. Er stiftete Geld für ein Forschungsstipendium an der Berliner Charité zum Kampf gegen ALS und bekannte sich öffentlich zu seinen "Angstschüben" angesichts eines von den Ärzten vorhergesagten qualvollen Todes. Gemeinsam mit dem Theaterprovokateur Christoph Schlingensief brachte der schwer gezeichnete Maler das schleichende Nerven-Leiden sogar öffentlich auf die Bühne.
Jörg Immendorffs bedeutendste und meist abgebildete Arbeit ist der expressive, von großen Menschenfiguren dominierte Bilderzyklus "Café Deutschland", den er im Jahre 1978 begann. Zentrales Thema des Künstlers war die Teilung Deutschlands; in grellen Farben und großen Figuren erscheinen persönliche Visionen der Wiedervereinigung.
1997 erhielt Immendorf den mit 250.000 US-Dollar höchst dotierten Kunstpreis der Welt vom Marco-Museum im mexikanischen Monterrey. In seinen letzten Arbeiten tendierte der Künstler zum Surrealismus. Kleine Figuren dominieren die verrätselten Malereien; sein Maleraffen-Motiv, ein Schimpanse mit Pinsel, ironisiert das eigene Künstlergewerbe. Zuletzt lehnte es Immendorf ab, in seinen Bildern Geschichten darzustellen: "Was ich suche ist Magie". (ask)