Erinnerungen an Joseph Beuys
23. Januar 2006Joseph Beuys wurde am 12. Mai 1921 in Krefeld geboren. Nach dem Krieg studierte er Bildhauerei an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf, wo er selbst von 1961 bis 1972 lehrte. In den 1970er und 1980er Jahren war er weltweit aktiv. Seine Werke wurden bei der Biennale in Venedig, im Guggenheim Museum New York und im Seibu Museum of Art in Tokio gezeigt. 1979 kandidierte er als Abgeordneter der Grünen für das Europaparlament. Er starb am 23. Januar 1986 in Düsseldorf.
Lange Beuys Nacht in Berlin
Das Berliner Museum für Gegenwart "Hamburger Bahnhof" eröffnet am 21.1. eine "Hommage an Joseph Beuys". Bis zum 23. April sind Werke aus den Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin zu sehen. Für den eigentlichen Todestag am Montag lädt das Museum mit der Akademie der Künste zu einer "Langen Beuys Nacht" in allen Räumen des Akademie-Neubaus am Pariser Platz in Berlin. Zahlreiche Filmdokumente, Lesungen und Gespräche sollen auch an legendäre Auftritte von Beuys in Berlin erinnern. So gab der Künstler, der erst 1978 Aufnahme in die Akademie fand, bei seinem ersten Auftritt in deren Räumen im Februar 1969 das medial viel beachtete Sauerkrautkonzert".
Filmaufnahmen in München
Die Münchner Pinakothek der Moderne zeigt ab Freitag (20.1.2006) bisher noch nicht öffentlich präsentierte Zeichnungen von Beuys aus der Zeit von 1950 bis 1970. Der Werkzyklus "Suite Schwurhand" ist bis 23. April zu sehen. Zudem wird eine bisher verschollen geglaubte Filmaufnahme präsentiert, die Beuys wenige Wochen vor seinem Tod beim Vortrag "Reden über das eigene Land" in den Münchner Kammerspielen zeigt und in dem er sich unter anderem zu seinem Ansatz "Jeder Mensch ist ein Künstler" äußert.
"Zeichen aus dem Braunraum" in Bonn
Das Mitte 1997 eröffnete Museum Schloss Moyland bei Kleve, in dessen Archiven viele tausend Beuys-Arbeiten unterschiedlicher Qualität ruhen, lädt an diesem Wochenende zu einem umfangreichen dreitägigen Veranstaltungsprogramm. Konzert, Ausstellung, Filme und Diskussionen erinnern an das Werk des zu Lebzeiten so umstrittenen Kunstprofessors. Außerdem zeigt noch bis zum 12. Februar das Kunstmuseum Bonn unter dem Titel "Zeichen aus dem Braunraum" rund 300 Multiples des gebürtigen Krefelders.
Heilkräfte der Kunst in Düsseldorf
Das Düsseldorfer Museum Kunst Palast zeigt vom 21.1 bis zum 19.3. eine Hommage mit dem Titel "Joseph Beuys in Aktion. Heilkräfte der Kunst". Die Doppelausstellung zeigt zum einen Werke von Joseph Beuys aus der Sammlung Axel Hinrich Murken und zum anderen Fotografien von Ute Klophaus, Bernd Jansen, Hildegard Weber, Lothar Wolleh und Gianfranco Gorgoni.
Lesen Sie hier mehr über die Beuys-Ausstellung in Düsseldorf!
Bilder von Beuys
Joseph Beuys, der Fischgräten an der Decke befestigt, Beuys der mit angewinkelten Beinen durchs Moor starkst, Beuys im Kreise seiner Studenten oder Beuys beim Aufbau einer Ausstellung. Alles festgehalten in den Bildern verschiedener Fotografen, die den Künstler ein Stück seines Lebens begleitet haben. Rund 100 Fotos hat Kurator Stephan von Wiese zusammengetragen. Sie sollen die verschiedenen Facetten des Künstlers zeigen: Beuys als Lehrer, als politischen Aktionisten, als in sich gekehrten Menschen und extrovertierten Streiter für Umwelt und Natur, wie ihn zum Beispiel Hildegard Weber fotografiert hat.
Vergängliche Kunstwerke
Für Beuys war jeder Mensch ein Künstler, jede Aktion ein Kunstwerk. Mit diesem erweiterten Kunstbegriff sorgte er zu Lebzeiten weltweit für Aufsehen und hitzige Debatten. Kunstwerke waren für ihn vergänglich wie das Leben. Er wollte keine Werke für die Ewigkeit schaffen, sondern mit seinen Aktionen Denkanstöße geben. Mit den Fischgräten zierte Beuys nicht nur Decken und Wände, sondern auch seine eigene Jeans, die sich heute im Besitz des Medizinhistorikers Axel Hinrich Murken befindet. Die Jeans leitet über zum zweiten Teil der Ausstellung "Heilkräfte der Kunst" mit Beuys-Werken aus der Sammlung Murken. Nicht immer stieß Murkens Sammelleidenschaft auf Verständnis: "Wenn ich 1971 eine Jeanshose von Beuys kaufe, dann war das für meine Umwelt und für die Familie nicht einfach, eine abgetragene Jeanshose als Kunst mit nach Hause zu nehmen. Und dann noch Fischgräten drauf. Die Fischgräten machen natürlich das Werk erst richtig geheimnisvoll und rätselhaft und geben ihm doch diese Aura, die es heute hat", sagt Murken.
Kunst und Medizin
Mythologische, philosophische, medizinische und religiöse Überlieferungen boten für Beuys Perspektiven, um eine menschlichere Gesellschaft zu entwickeln. Viele seiner Zeichnungen, Plastiken Aktionen und Vorträge enthalten Motive und Anspielungen aus der Welt der Heilkunde und der Medizin. So zeigt die Sammlung Murken neben politischen Plakaten und Skizzen auch viele Utensilien aus dem medizinischen Bereich wie Pflaster, ein Päckchen Kamillentee, Hygienebeutel oder ein gynäkologisches Buch über die "Rückenschmerzen der Frau", alles von Beuys signiert und somit zum Kunstwerk stilisiert. In seiner letzten Schaffensperiode hat sich Beuys auch intensiv mit dem Schamanismus auseinandergesetzt, für ihn eine Naturphilosophie, die eine ursprüngliche Welt beschwört, in der alle Wesen in Harmonie zusammenleben. Die ganzheitliche Medizin begann damals auch Schulmediziner zu interessieren: "Da war Beuys seiner Zeit weit voraus, weil er im Schamanismus einen ganzheitlichen Ansatz sah - einen Animismus, der den ganzen Menschen, Leib, Geist und Seele miteinander verband und das war für einen Schulmediziner, wie ich damals war, faszinierend", sagt Murken.
"Faszinierende Vielfalt"
Murken schrieb Aufsätze über "Wolle, Filz, Fett und Schwefel, alte mythische Inhalte werden aktuell", also über die bevorzugten Naturmaterialien der Beuys'schen Kunst. Für das Buch "Joseph Beuys und die Medizin", das Murken 1979 herausgab, stand er mit Beuys in engem Kontakt. Den braunen Einband mit rotem Kreuz, das aussieht wie ein Arztkoffer, gestaltete Beuys mit. Das bedeutendste Werk seiner Sammlung aber ist für Murken ein kleiner rechteckiger Block aus gehärtetem Bienenwachs, auf der Vorderseite ein Relief mit eingekerbtem Dreieck. Das Kunstwerk lässt viele Interpretationsmöglichkeiten zu, vom weiblichen Torso bis hin zu weiblichen und männlichen Geschlechtsteilen.
"Das Beuys'sche Werk lebt von dieser Offenheit, von dieser faszinierenden Vielfalt, die ich darein interpretieren kann", sagt Murken. Kein anderer Künstler habe so vielfältige Bezüge in seinen Werken, sagt der Sammler.