Sacharow-Preis für eine "Heldin"
20. November 2013Parlaments-Präsident Martin Schulz sagte bei der feierlichen Übergabe im Plenarsaal in Straßburg, die 16-Jährige aus Pakistan sei eine "Überlebende, eine Heldin, eine ungewöhnliche jungen Frau". Mit dem Sacharow-Preis 2013 würdige das Europaparlament Malalas mutigen Einsatz für das Recht aller Kinder auf Bildung, sagte Schulz weiter. Die Jugendliche habe daran erinnert, dass "Bildung und Wissen die besten Waffen gegen Intoleranz, Gewalt und Armut" seien. Rund 125 Millionen Kinder in der Welt hätten keinen Zugang zu Bildung, drei Viertel von ihnen seien Mädchen. "Das ist eine Schande, eine Schande für uns alle", erklärte SPD-Politiker Schulz.
Die junge Preisträgerin rief die Parlamentarier auf, über Europa hinauszuschauen - "auf Länder, wo Menschen leiden und Grundrechte wie die Meinungsfreiheit nicht wahrnehmen können". Millionen von Kindern hätten nichts zu essen und kein Wasser zu trinken. Sie hätten aber auch Hunger auf Bildung. Viele Kinder seien zu arm, um zur Schule zu gehen, andere, vor allem Mädchen, würden daran gehindert, sagte Malala.
In Pakistan hätten "Terroristen Hunderte von Schulen zerstört". "Millionen von Kindern warten auf unsere Hilfe", mahnte die 16-Jährige, der die Abgeordneten stehend applaudierten. "Diese Kinder wollen kein i-Phone und keine Playstation, sie wollen nur ein Buch und einen Stift."
Malala Yousafzai setzt sich seit ihrem elften Lebensjahr in ihrem Heimatland für das Recht von Mädchen auf Bildung ein. 2009 berichtete sie als Bloggerin unter Pseudonym für den britischen Sender BBC über das Vorgehen islamistischer Milizen im Swat-Tal. Dafür erhielt sie 2011 den pakistanischen Friedenspreis. Am 9. Oktober 2012 stiegen mehrere Kämpfer der radikal-islamischen Taliban in den Schulbus, in dem Malala saß. Einer schoss dem Mädchen gezielt in den Kopf und verletzte es schwer.
Dank einer raschen Notoperation in Pakistan und einer anschließenden Behandlung in Großbritannien kam Malala mit dem Leben davon. Nachdem ihr das Europaparlament im Oktober den Sacharow-Preis zuerkannt hatte, bekräftigten die Taliban ihre Todesdrohung gegen die 16-Jährige. Sie würden erneut versuchen, Malala zu töten, "selbst in den USA oder in Großbritannien", drohte ein Sprecher der Extremisten.
Trotz des Attentats und der Taliban-Drohungen setzt sich die jetzt in Großbritannien lebende Malala weiter für das Recht auf Bildung ein. Dafür rief sie eine eigene Stiftung ins Leben, die "Malala Education Foundation". Diese sammelt nach eigenen Angaben Spenden für innovative Bildungsprojekte weltweit. Die 16-Jährige ist die bislang jüngste Preisträgerin des Sacharow-Preises. Sie war darüber hinaus auch die jüngste Kandidatin für den Friedensnobelpreis 2013.
Höchste Auszeichnung der EU
Der "Sacharow-Preis für geistige Freiheit" gilt als die bedeutendste Auszeichnung der Europäischen Union. Er ist nach dem sowjetischen Dissidenten und Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow (1921-1989) benannt. Der Preis ist mit 50.000 Euro dotiert und wird seit 25 Jahren verliehen. Frühere Preisträger waren unter anderem der erste schwarze Präsident Südafrikas, Nelson Mandela (1988), der chinesische Bürgerrechtler Hu Jia (2008) sowie der kubanische Dissident Guillermo Fariñas (2010).
wl/kis (dpa, afp, epd, kna)