Luft für den Kandidaten Fillon wird dünner
2. Februar 2017Im Mai 2007 sagte Penelope Fillon nach einem Bericht des öffentlich-rechtlichen französischen Fernsehens France 2 über ihren Mann: "Ich bin niemals seine Assistentin gewesen, oder was auch immer in der Art." Der Satz stamme aus einem Video-Interview der britischen Zeitung "Sunday Telegraph". Auszüge würden am Donnerstagabend auf France 2 ausgestrahlt. Die Frau des damals gerade zum Premierminister ernannten Konservativen sagte demnach zudem: "Ich habe mich auch nicht um seine Kommunikation gekümmert."
Der lange als Favorit für die Präsidentschaftswahl gehandelte Fillon steht seit gut einer Woche massiv unter Druck: Nach Berichten der Zeitung "Le Canard Enchaîné" soll Fillons Frau innerhalb von 15 Jahren mehr als 830.000 Euro aus Steuermitteln erhalten haben, ohne dafür wirklich gearbeitet zu haben. Penelope Fillon soll auch in der Zeit von 1998 bis 2002 für ihren Mann tätig gewesen sein. Der konservative Politiker weist die Vorwürfe als Schmutzkampagne zurück. Wegen des Vorwurfs der Veruntreuung öffentlicher Mittel ermittelt inzwischen die nationale Finanzstaatsanwaltschaft. Sie befragte bereits das Ehepaar Fillon und stellte am Dienstag in der Nationalversammlung Dokumente zu dem Fall sicher. Penelope Fillon hatte weder eine Zugangskarte zur Nationalversammlung noch ein eigenes E-Mail-Konto im Parlament.
Auch Fillon-Kinder auf Gehaltsliste
Die Nachrichtenagenturen Reuters und AP melden derweil unter Berufung auf Ermittlerkreise, die Staatsanwälte hätten die Fillon-Kinder Marie und Charles in die Untersuchungen einbezogen. Am Mittwoch hatte "Le Canard Enchaîné" berichtet, der katholische Politiker habe in seiner Zeit als Senator (2005 bis 2007) zwei seiner Kinder als parlamentarische Mitarbeiter beschäftigt - für insgesamt 84.000 Euro. Fillon habe bestätigt, er habe die beiden als Rechtsanwälte für spezielle Aufgaben bezahlt. Allerdings befanden sich Marie und Charles Fillon damals noch in der Ausbildung, wie nationale Medien berichten. Laut "Le Canard Enchaîné" erhielten sie die Gehaltsschecks für Vollzeitstellen.
In Umfragen fällt Fillon derweil weiter zurück. In einer Befragung des Instituts Harris interactive sprachen sich sieben von zehn Franzosen für einen Rückzug des Politikers von der Präsidentschaftskandidatur aus. Die Anhänger des bürgerlichen Lagers sind gespalten: Sie sind demnach jeweils zur Hälfte für oder gegen einen Rückzug.
Macron profitiert
Fillons Schwäche verschafft seinem sozialliberalen Gegenspieler Emmanuel Macron Aufwind. In Umfragen liegt der 39-Jährige inzwischen vor Fillon. Auf Profit aus der Affäre hofft auch die Chefin der rechtsextremen Partei Front National, Marine Le Pen. Sie könnte laut Umfragen die erste Runde der Präsidentschaftswahl im April gewinnen. Bisher gehen die Meinungsforscher aber davon aus, dass sie in der Stichwahl im Mai ihrem Konkurrenten unterliegt - ob er nun Macron oder Fillon heißt.
Wegen der Affäre sah sich Fillon am Mittwoch mit ersten Rücktrittsforderungen aus dem eigenen Lager konfrontiert. "Wir können nicht mit einem Kandidaten weitermachen, der sich in extremen Schwierigkeiten befindet", sagte der Abgeordnete Georges Fenech. Fenech steht dem konservativen Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy nahe, der bei der Vorwahl der Republikaner im November gescheitert war. Diese Vorwahl sei angesichts der Vorwürfe gegen Fillon aber "überholt", sagte Fenech. Nun müsse ein neuer Präsidentschaftskandidat gefunden werden.
Was macht Juppé?
"Fillon ist tot", sagte ein anderer Vertrauter Sarkozys. "Seine Redlichkeit war seine DNA, alles bricht zusammen." Der Abgeordnete Philippe Gosselin rief Ex-Premier Alain Juppé dazu auf, als möglicher Ersatzkandidat bereitzustehen. Juppé war Fillon in der zweiten Runde der Vorwahl überraschend unterlegen. Juppé versicherte aber, er stehe nicht für einen "Plan B" zur Verfügung.
In einem Gastbeitrag in der Zeitung "Le Figaro" (Donnerstagausgabe) sagten daraufhin 17 konservative Politiker Fillon ihre Unterstützung zu. Bei den Vorwürfen handle es sich um "Verleumdung", heißt es in dem Text, der unter anderem von Fraktionschef Christian Jacob und dem früheren Premierminister Jean-Pierre Raffarin unterschrieben ist.
kle/pab (afp, dpa, rtre, ape)