+++Viel Lob für Athener Reformliste+++
10. Juli 2015Die griechische Kehrtwende hat bei Vertretern anderer Euroländer vorsichtige Hoffnung auf eine Lösung im Schuldenstreit ausgelöst. Frankreichs Präsident François Hollande bezeichnete die neuen Vorschläge als "seriös und glaubwürdig". Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann meinte, es gebe die Chance auf eine Einigung. Die deutsche Bundesregierung gab dagegen noch keine inhaltliche Bewertung ab. Während sich die SPD zuversichtlich zeigte, kamen aus der CDU/CSU überwiegend skeptische Stimmen.
Die Athener Regierung hatte das 13-seitige Papier kurz vor Abgabeschluss der EU übermittelt. Es sieht die Abschaffung von Steuervergünstigungen für den Tourismussektor und die Inseln und die Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre vor. Die Militärausgaben sollen gesenkt, Staatsunternehmen privatisiert und Steuerbetrug stärker verfolgt werden. Eine Bewertung der drei Geldgeber-Institutionen aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) sollte noch im Laufe des Tages an die Eurogruppe übermittelt werden.
Der Live-Ticker mit den wichtigsten Entwicklungen:
18.00 Uhr - In der Hoffnung auf eine Lösung des griechischen Schuldenstreits sind weitere Anleger in die Aktienmärkte Europas und der USA zurückgekehrt. Der Dax verabschiedete sich in Frankfurt/Main mit einem Plus von 2,9 Prozent bei 11.315,63 Punkten in das Wochenende. Im Wochenvergleich legte er 2,3 Prozent zu.
Tsakalatos: Noch "Grauzonen"
17.45 Uhr - In den Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern gibt es laut dem griechischen Finanzminister Euklid Tsakalotos noch "Grauzonen", die besprochen werden müssen. Teil der Einigung sei, dass die von der EZB gehaltenen Griechenland-Anleihen an den Rettungsfonds ESM übertragen würden, sagte Tsakalotos.
17.15 Uhr - Die griechischen Banken benötigen nach Aussagen eines hochrangigen Bankers selbst im Falle einer Einigung Griechenlands mit seinen internationalen Gläubigers etwa zehn bis 14 Milliarden Euro zur Rekapitalisierung. Es werde damit gerechnet, dass die Geldhäuser bei einem Deal am Sonntag dann Ende kommender Woche wieder öffnen könnten, sagt der Insider der Agentur Reuters.
17.10 Uhr - Es sei zu früh, um über den Ausgang der Gespräche zu spekulieren, die Chancen auf eine Einigung lägen bei 50:50, kommentierte die litauische Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite die neuen Vorschläge aus Athen. Diese basierten auf veralteten Informationen und müssten "ernsthaft angepasst" werden, forderte sie in Vilnius.
16.07 Uhr - Als erstes Parlament der Euro-Zone hat die estnische Volksvertretung für die Aufnahme von Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket gestimmt. Der EU-Ausschuss des Parlaments gab dem Finanzminister des Landes grünes Licht, über Hilfen für Griechenland zu verhandeln. Voraussetzung sei aber, dass die EU-Kommission nachhaltige Gründe für die Aufnahme der Gespräche sehe, teilte das Parlament mit.
15.56 Uhr - Die weltgrößte Container-Reederei Moeller-Maersk hat Interesse an den griechischen Häfen Piräus und Thessaloniki angemeldet, die Griechenland im Falle einer Einigung mit seinen Gläubigern privatisieren will.
15.40 Uhr - Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras bekommt Rückendeckung auch von der größten Oppositionspartei. Die konservative Nea Dimokratia wolle im Parlament dem Reformplan der Regierung zustimmen, erklärt sie in einer Stellungnahme. Ziel sei eine Einigung mit den Gläubigern, um Griechenland im Euro zu halten.
Bundestag plant schon
15.35 Uhr - Sollten die Euro-Staaten und Griechenland sich auf ein drittes Hilfspaket einigen, könnte der Deutsche Bundestag womöglich schon in der kommenden Woche die beiden dafür nötigen Abstimmungen absolvieren. Aus Parlamentskreisen in Berlin verlautet, die Abgeordneten könnten dann am Mittwoch das Mandat für die Verhandlungen erteilen und bereits am Freitag über das ausgehandelte Paket votieren. Es wird darauf hingewiesen, dass in dem Fall auch keine Brückenfinanzierung nötig wäre, um die Rückzahlung einer Milliarden-Rate durch Griechenland an die Europäische Zentralbank (EZB) am 20. Juli zu sichern.
15.13 Uhr - Russlands Präsident Wladimir Putin sagt, die Regierung in Athen habe keine Hilfsanfrage an Moskau gerichtet. Wo die Europäische Union gewesen sei, als sich die Probleme in Griechenland zusammengeballt hätten, fragt Putin. Er hoffe auf eine rasche Lösung der Schuldenkrise.
14.40 Uhr - Die Euro-Gruppe will nach Worten ihres Chefs Jeroen Dijsselbloem die neuen Reformvorschläge der griechischen Regierung erst kommentieren, wenn die EU-Kommission, der IWF und die EZB sie beurteilt haben. Dies sagt Dijsselbloem nach einer Telefonkonferenz mit den Spitzen der drei Institutionen.
Widerstand der Linken
14.31 Uhr - Fünf Hardliner der griechischen Regierungspartei Syriza bevorzugen einen Abschied Griechenlands aus der Euro-Zone ("Grexit") und eine Rückkehr zur Drachme im Gegensatz zu einem Abkommen, das auf Einsparungen beruht und keine Schuldenerleichterungen enthält, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Drei von ihnen sind Abgeordnete, zwei sind Mitglied der Führung der Linkspartei.
14.30 Uhr - Unions-Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich sieht in dem Reformpaket keine Basis für Verhandlungen mit Athen. "Ich glaube, dass Griechenland einen Neuanfang braucht mit einer eigenen Währung und mit gutwilliger Hilfe aller europäischen Nachbarn und Partner", sagt der CSU-Politiker der Agentur Reuters. Sein SPD-Kollege Axel Schäfer sieht dagegen gute Chancen für eine Umsetzung der Vorschläge. "Es ist ein ganz wichtiger Schritt nach vorne, der aber längst hätte gemacht werden können", sagte er. "Das ist schlüssig, deswegen muss man sehr ernsthaft mit ihnen verhandeln", kommentierte SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider in Interviews.
14.25 Uhr - Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen, erklärt in Berlin: "Die griechische Regierung scheint mit der neuen Liste über ihren Schatten gesprungen zu sein. Jetzt ist es an den Gläubigern, sich ebenfalls zu bewegen. (...) Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. An diesem Satz muss sich Angela Merkel messen lassen".
13.40 Uhr - Nach Ansicht des slowakischen Finanzministers Peter Kazimir ist noch nicht klar, ob noch zusätzliche Maßnahmen nötig sind. "Es scheint Fortschritte zu geben", räumte Kazimir aber über den Kurznachrichtendienst Twitter ein. Mit Blick auf die zähen Verhandlungen fügt er ironisch hinzu: "Wenn man die jüngsten Entwicklungen verfolgt und griechischen Regierungsvertretern zuhört, kann man sich wundern, wie schnell sich eine Raupe in einen Schmetterling verwandeln kann."
13.38 Uhr - Die griechische Oppositionspartei To Potami wird laut einem Parteisprecher die Regierung bei der Abstimmung über das Reformpaket an diesem Freitag unterstützen.
11:59 Uhr - Das Bundesfinanzministerium sieht nach den Worten seines Sprechers Martin Jäger sehr wenig Spielraum für eine Restrukturierung der griechischen Schulden. Der Ausgang des Eurogruppen-Treffens am Samstag sei völlig offen.
11:43 Uhr - Die Bundesregierung wird der Streichung griechischer Schulden nach den Worten eines Sprechers nicht zustimmen. Es wäre auch nicht ausreichend, die Vorschläge von Ende Juni in neuer Verpackung zu präsentieren, sagt ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums.
11:38 Uhr - Die Bundesregierung kann die von Athen vorgelegten Vorschläge nach den Worten von Regierungssprecher Steffen Seibert inhaltlich noch nicht bewerten. Über eine Brückenfinanzierung zu reden, ergebe nur dann einen Sinn, wenn eine Gesamtlösung in Aussicht sei, sagt ein Sprecher des Finanzministeriums.
11.30 Uhr - Winken die Euro-Finanzminister das griechische Reformpaket durch, müssen bis zur endgültigen Einigung noch weitere Hürden übersprungen werden. Sechs Parlamente müssen grünes Licht geben, sagt ein ranghoher EU-Vertreter. Neben dem deutschen Bundestag sind das die Parlamente in den Niederlanden, in Estland, der Slowakei, Slowenien und Finnland.
Und wieder haben die "Institutionen" das Wort
11:05 Uhr - IWF-Chefin Christine Lagarde, EZB-Chef Mario Draghi und Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem wollen nach Angaben aus EU-Kreisen um 13.00 Uhr über Griechenland beraten.
11.03 Uhr - Laut Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi können sich die EU-Staats- und Regierungschef ihren für Sonntag geplanten Gipfel in Brüssel sparen, wenn es schon vorher eine Einigung mit den Griechen geben sollte.
10.53 Uhr - Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem weckt die Hoffnung auf eine Einigung mit Athen. Am Samstag könnten die Euro-Finanzminister eine "große Entscheidung" treffen. Die jüngsten griechischen Vorschläge bezeichnet Dijsselbloem als "sorgfältig".
10.51 Uhr - Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann sieht eine Chance für eine Einigung im Schuldenstreit mit Griechenland. Diese müsse genutzt werden, sagt er.
10.05 Uhr - Frankreichs Präsident Francois Hollande würdigt die griechischen Vorschläge als "glaubwürdig und ernsthaft". Griechenland habe gezeigt, dass es entschlossen sei, in der Euro-Zone zu bleiben. Die Verhandlungen müssten wiederaufgenommen werden mit dem Ziel, ein Abkommen zu erreichen, sagt Hollande.
SC/sti (rtr, dpa, afp, APE)