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Linde will Praxair-Fusion

1. Juni 2017

Aus Linde und Praxair soll der größten Industriegasekonzern der Welt werden. Nach der Übernahme von Monsanto durch Bayer, eine weitere Riesenfusion mit deutscher Beteiligung. Doch es gibt Stolpersteine.

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Bild: Reuters/M. Rehle

Der Aufsichtsrat von Linde hat der Fusion mit dem ehemaligen US-Konkurrenten Praxair zugestimmt. Mit 27 Milliarden Euro Umsatz, 66 Milliarden Euro Börsenwert und 80.000 Mitarbeitern würde der neue Gasekonzern den französischen Konkurrenten Air Liquide als Weltmarktführer ablösen.

Von der Kohlensäure im Bier bis zum Sauerstoff für Klinikpatienten oder Anlagen für die Petrochemie - Linde ist breit aufgestellt und vor allem in Europa und Asien stark. Praxairs Stärke ist das Gasegeschäft in den USA. Für Analysten fügt sich das bestens, Linde und Praxiar erwarten 1,1 Milliarden Euro an Synergien jährlich.

Steuerung aus den USA

Der neue Konzern soll den Namen Linde tragen, aber von Praxair-Chef Steve Angel aus den USA gesteuert werden. Die Holding wird in Dublin angesiedelt. Den Vorsitz im Aufsichtsrat soll Linde-Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle übernehmen.

The Linde Group Hauptversammlung 2017 Professor Dr.-Ing. Wolfgang Reitzle
Wollte die Fusion unbeding: Wolfgang ReitzleBild: Picture alliance/SvenSimon

Er war es auch, der die Übernahme vorangetrieben hatte. Auch hatte er angekündigt, notfalls mit seiner Doppelstimme die Sache zu besiegeln. Das war wohl am Ende nicht nötig. In dem paritätisch besetzten Aufsichtsrat hätten nicht alle Arbeitnehmervertreter gegen den Zusammenschluss votiert, sagten zwei mit der Abstimmung vertraute Personen.

Linde beschäftigt in Deutschland 8000, weltweit knapp 60.000 Mitarbeiter. Für den Fall einer Fusion hat der Vorstand den deutschen Beschäftigten zwar Kündigungsschutz und Standortgarantien bis 2021 zugesichert. Die Gewerkschaften und Betriebsräte von Linde in Deutschland haben sich aber bis zuletzt gegen die Fusion gestemmt.

Viele weitere Hürden

Der bayerische IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler befürchtet den Verlust von bis zu 10.000 Arbeitsplätzen im Konzern. Durch die Ansiedlung der Holding in Irland geht außerdem die bisherige Mitbestimmung verloren. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte zwei Tage vor der Aufsichtsratssitzung gewarnt, gegen die Belegschaft könne die Fusion nicht gelingen. Mit Blick auf Mitarbeiter, Umsatz und Aktionäre ist Linde allerdings nur noch zu gut 10 Prozent ein deutsches und zu fast 90 Prozent ein globales Unternehmen.

Wegen erwarteter Auflagen der Wettbewerbshüter werden Linde und Praxair Firmenteile verkaufen müssen, vor allem in Amerika. Die Linde- und die Praxair-Aktionäre sollen je die Hälfte an der neuen Holding halten. Der neue Konzern soll an der New Yorker Börse und im Leitindex Dax in Frankfurt am Main notiert bleiben.

Vor der endgültigen Fusion muss noch die Hauptversammlung bei Praxair grünes Licht geben. Das gilt jedoch als Formsache - die 100 größten Linde-Aktionäre allein halten schon 42 Prozent der Praxair-Anteile. In einigen Wochen will Linde mit dem Umtausch der Aktien in Anteile des neuen Konzerns beginnen. Jeder Linde-Aktionär kann dann selbst entscheiden, ob er seine Aktien tauschen will. Sollten nicht mindestens 75 Prozent der Linde-Aktionäre das Angebot annehmen, könnte die neue Holding keinen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der alten Linde AG schließen - dann stünde die Fusion in Frage.

Die geplante Fusion ist auch eine Wiedervereinigung nach 110 Jahren Trennung. Der deutsche Eismaschinen-Hersteller Linde hatte 1907 in den USA die Linde Air Products Co. gegründet. Daraus wurde später Praxair. Nach dem Ersten Weltkrieg verlor Linde im Ausland viele Tochtergesellschaften, Schutz- und Namensrechte.

nm/uh (dpa, rtr)