Libysche Grenzsoldaten retten verirrte Migranten
16. Juli 2023In der Wüstenregion an der Grenze zwischen Libyen und Tunesien herrschten Temperaturen von mehr als 40 Grad, als die Soldaten die hilflos umherirrenden Migranten entdeckten. Die mindestens 80 Männer, Frauen und Kinder stammen den Angaben zufolge aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara.
Die Geretteten berichteten Journalisten der Nachrichtenagentur AFP, dass sie von Mitarbeitern tunesischer Behörden in der Wüste ausgesetzt und ohne Wasser und Nahrung zurückgelassen worden seien.
Die Reporter sahen demnach, wie die Menschen in einem unbewohnten Gebiet in der Nähe des Grenzortes Al Assah, rund 150 Kilometer westlich der Hauptstadt Tripoli, auf libyschem Gebiet umherirrten. Demnach waren sie sichtlich erschöpft, lagen durstig im Sand und suchten bei Temperaturen von über 40 Grad Schutz unter spärlichen Sträuchern. Libysche Grenzschützer gaben ihnen Wasser und brachten zuerst die Frauen und etliche Kinder, darunter auch Babys, in eine Unterkunft. Dort wurden sie weiter versorgt.
Abschiebung und Rettung auf Video
In einem von libyschen Grenzbeamten im Onlinedienst Facebook geposteten Video fragt ein Offizier, während er auf die nur wenige Hundert Meter entfernte tunesische Grenze zeigt: "Seht ihr sie? Das ist erbärmlich! Sie werden von Tunesien nach Libyen abgeschoben."
In den Aufnahmen des Grenzschutzes ist auch ein Mann zu sehen, der sagt, die tunesische Polizei habe "uns nach Libyen abgeschoben". Er wolle nach Tunesien zurückkehren, wo sich noch seine Familie aufhalte, fügt er hinzu.
Migranten fliehen vor Gewalt in die Wüste
In den vergangenen Tagen hatte der tunesische Rote Halbmond bereits mehr als 600 in die Wüste gedrängte Migranten gerettet, die Anfang Juli nahe dem Ort Ras Dschedir 40 Kilometer nördlich von Al Assah ausgesetzt worden waren. Tunesischen Aktivisten zufolge hielten sich am Freitag noch bis zu 150 Menschen in grenznahen Wüstengebieten auf.
Nach Auseinandersetzungen mit Bewohnern der Hafenstadt Sfax waren in den vergangenen Tagen Hunderte afrikanische Migranten in die Wüste geflohen oder gewaltsam dorthin vertrieben worden. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen wurden sie dorthin von der tunesischen Polizei getrieben und in unwirtlichen Regionen nahe der Grenze zu Libyen im Osten und zu Algerien im Westen ihrem Schicksal überlassen.
Ausgangspunkt für Mittelmeerflüchtlinge
Sfax gilt als einer der Starthäfen für Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern, die von dort in Booten nach Europa aufbrechen. Die zweitgrößte Stadt Tunesiens liegt rund 130 Kilometer von der italienischen Insel Lampedusa entfernt.
In Tunesien war es zuletzt zu einem Anstieg rassistisch motivierter Angriffe gegen Menschen aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara gekommen, nachdem Präsident Kais Saied im Februar "Horden" illegaler Migranten einer "kriminellen Verschwörung" beschuldigt hatte.
Erst an diesem Sonntag hatte die EU sich mit Tunesien auf eine engere Zusammenarbeit beim Thema Migration geeinigt und dem nordafrikanischen Land Finanzhilfen von 900 Millionen Euro in Aussicht gestellt.
mak/wa (afp, guardian.com)