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Libyen-Krise lässt die Ölpreise steigen

9. April 2019

Rohöl ist auf den internationalen Märkten so teuer wie seit fünf Monaten nicht mehr. Die aufflammende Gefahr eines offenen Kriegs in Libyen spielt dabei eine Rolle. Aber es gibt eine Reihe anderer Gründe.

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Libyen - Öl Raffinerie Ras Lanouf
Ölraffinerie in Libyen Bild: picture alliance/AP Photo/H. Malla

Zu Wochenbeginn nahm der Ölpreis die Aufwärtsbewegung der vergangenen Woche wieder auf. Die führende Ölsorte Brent verteuerte sich noch einmal, um 0,5 Prozent, und lag am Montag zwischenzeitlich bei 70,69 Dollar je Barrel. US-Leichtöl WTI stieg um 0,6 Prozent auf 63,43 Dollar. Seit Jahresbeginn ist Öl damit mehr als 20 Prozent teurer geworden - und das weltweit.

Wurden Beobachter der Ölmärkte in letzter Zeit nach den Gründen für die anziehenden Preise gefragt, wurde als Hauptgrund immer wieder die Förderbremse der Opec-Staaten und verbündeter Exportländer genannt. Elf der Opec-Länder - Libyen ist nicht dabei - haben ihre Produktion seit Oktober um 0,9 Millionen Fass täglich gedrosselt, schätzte Frank Schallenberger von der Landesbank Baden-Württemberg unlängst.

Hinzu kommen die Schwierigkeiten in wichtigen Förderländern wie Iran und das von einer schweren Krise geschüttelte  Venezuela; in beiden Ländern greifen auch US-Sanktionen. Zusammen mit der Opec-Strategie eines knappen Angebots sorgen diese Entwicklungen für steigende Ölpreise. Der saudische Energieminister Khalid al-Falih äußerte sich am Montag in Riad denn auch gelassen: "Mehr müssen wir, glaube ich, nicht tun... der Markt bewegt sich auf ein Gleichgewicht zu."

Infografik Ölreserven DE

Lieferland USA

Zwar steuern die USA mit kräftig gewachsenen eigenen Fördermengen gegen und verkaufen viel Öl auf dem Weltmarkt. Das Land förderte Anfang dieses Jahres nach Angaben der Internationalen Enerergieagentur IEA rund 1,9 Millionen Barrel Rohöl am Tag. Aber auch hier sehen Experten wie Schallenberger Anzeichen, dass diese Entwicklung im laufenden Jahr nachlassen könne. Die Zahl der aktiven Bohrlöcher in den USA sei seit November um sechs Prozent auf zuletzt 834 zurückgegangen, rechnete er unlängst in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vor.

Neuerdings führen Marktteilnehmer als einen Grund für die Preisaufschläge am Ölmarkt aber auch die drohende Eskalation der Krise in Libyen an. In dem ölreichen Opec-Land sieht sich die international anerkannte Regierung einer militärischen Offensive des einflussreichen Generals Khalifa Haftar ausgesetzt. Libyen hat im vergangenen Monat etwa 1,1 Millionen Barrel Rohöl am Tag gefördert und liegt als ein mittelgroßer Produzent im Ölkartell Opec auf Platz acht.

Schwankungen in Libyen

Nach dem Sturz des Diktators Gaddafi 2011 war die Ölproduktion in dem Land aber starken Schwankungen unterworfen. In Krisenphasen, die von bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen begleitet waren, sank die Ölförderung auch schon auf die Hälfte des aktuellen Niveaus. Der Zugriff auf die Ölquellen ist dabei sowohl für die international anerkannte Regierung in Tripoli als auch für den nun vorrückenden Kriegsherrn Haftar wesentlich.

Die von Haftar angeführte selbsternannte Libyan National Army (LNA) kontrolliert bereits das Gebiet um Sirte, wo die meisten libyschen Ölreserven lagern. Auch wichtige Exporthäfen in der Nähe von Ras Lanuf werden von der LNA kontrolliert. Die Ölfelder um Sharara, wo noch vor Dezember letzten Jahres ein Drittel der libyschen Ölproduktion gefördert wurde, nahm Haftar im vorletzten Monat.

Der Zugriff auf die Öleinnahmen ist unter anderem deshalb für die Warlords wichtig, weil viele Tausend Söldner damit bezahlt werden. In Berichten, etwa der "Financial Time", ist von 200.000 Milizionären auf den Soldlisten die Rede. Die UN schätzt die Zahl der Feuerwaffen, die in dem Land in Umlauf sind, auf mehr als 15 Millionen. In Libyen leben 6,5 Millionen Menschen, die Hälfte davon ist jünger als 24 Jahre.

LNA Chef Khalifa Haftar
Milizenchef Khalifa HaftarBild: picture-alliance/ Balkis Press

Streit zwischen Italien und Frankreich

Wie in anderen Konfliktzonen der Region  spielen dabei auch ausländische Mächte eine wenig stabilisierende Rolle. Zwar sind auch in Libyen Russland und Saudi-Arabien oder Iran  Konfliktbeteiligte. Hier tragen aber auch zwei EU-Länder einen an Schärfe zunehmenden Konflikt untereinander aus, Italien und Frankreich.

Beide Länder haben zunächst auch direkte wirtschaftliche Interessen in Libyen. Italien deckt nach Angaben der Zeitschrift "Blätter für deutsche und internationale Politik" rund 25 Prozent seines Ölbedarfs und zehn Prozent seines Bedarfs an Erdgas durch Importe aus Libyen. Der französische Energiekonzern Total hat den Angaben zufolge im März letzten Jahres 450 Millionen Dollar allein für Konzessionen in das libysche Waha-Ölfeld investiert.

Infografik Ölproduktion Libyen 2009-2017 DE

Rom und Paris tragen  wachsende Animositäten gegeneinander in Libyen aber auch politisch aus. Italien gilt als Unterstützer der intern schwachen sogenannten Einheitsregierung von Premierminister Serraj Faraj. Frankreich setzt offenbar auf den jetzt vorrückenden General Haftar. Erschwert wird die Lage auch dadurch, dass Libyen bis 2017 als ein Hauptdurchgangsland für Migranten aus Ländern weiter südlich in Afrika galt. Die italienische Regierung erreichte es damals in direkten Verhandlungen mit libyschen Regierungs- und Milizenvertretern, diesen Weg für Migranten zu stoppen. Rom sah sich seinerzeit als Hauptleidtragender dieser Flüchtlingsbewegung.

24 Milliarden Dollar

Dagegen setzt Paris stärker auf Maßnahmen, die der Terrorbekämpfung dienen sollen, und zwar schon auf nordafrikanischem Gebiet. Dafür unterstützte die  französische Regierung Haftar auch schon mit Militärberatern. Menschenrechtsgruppen werfen Haftars Truppen Kriegsverbrechen vor.

Die europäische Union als Ganze zeigte sich bisher nicht als handlungsfähiger Vermittler in dem sich verschärfenden Konflikt. Dabei geht es auch um gigantische Summen. Der Chef der staatlichen Ölfirma NOC Mustafa Sahara bezifferte gegenüber der „Financial Times" die Einnahmen aus dem Ölgeschäft seines Landes allein für das Jahr 2018 auf 24 Milliarden Dollar.

ar/hb (rtr, dpa - Archiv)