Botschafter spricht von Massaker in Sirte
15. August 2015Seit Monaten breiten sich Anhänger der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) immer weiter in Libyen aus. In Bengasi im Osten des Landes griffen die Islamisten Einheiten an, die der international anerkannten Regierung treu sind. Dabei wurden nach Angaben von Bewohnern und Sanitätern fünf Soldaten getötet.
Heftige Gefechte in Sirte
In der Stadt Sirte liefern sich IS-Mitglieder und rivalisierende Salafisten, die auch aus der Bevölkerung Unterstützung erhielten, derweil erbitterte Kämpfe. Einwohnern zufolge habe der IS ein Viertel zurückerobert, das die Salafisten und die bewaffneten Einwohner hätten erstürmen wollen. Nach Angaben lokaler Medien drangen die Dschihadisten in ein Krankenhaus ein und töteten 22 verletzte rivalisierende Milizionäre, deren Leichname sie anschließen verstümmelten. Das Krankenhaus setzten sie zur Abschreckung in Brand, berichtete das Nachrichtenportal "Al-Wasat".
In Sirte ereigne sich ein Massaker, warnte der libysche Botschafter in Frankreich, Tschibani Abuhamoud. Es gebe 150 bis 200 Opfer, sagte der Diplomat der Nachrichtenagentur AFP. Er rief die internationale Gemeinschaft zum Eingreifen auf. Seinen Angaben zufolge brachen die Kämpfe aus, nachdem der IS zu Beginn der Woche einen einflussreichen Imam getötet hatte. Die meisten Opfer gehörten zum Ferschan-Stamm, der sich geweigert habe, sich dem IS zu unterwerfen, berichtet der Nachrichtensender Al-Arabija unter Berufung auf offizielle Kreise.
Der IS hatte bereits im Februar weiter Teile von Sirte erobert. Seit Mai steht die 450 Kilometer östlich von Tripolis gelegene Stadt komplett unter Kontrolle der Dschihadisten. Die international nicht anerkannte Regierung in Tripolos hatte zuletzt eine Offensive zur Rückeroberung der Stadt angekündigt.
Zwei Regierungen im Machtkampf
Sirte gilt als Geburtsort des ehemaligen Machthabers Muammar al-Gaddafi. Seit dem Sturz und gewaltsamen Tod Gaddafis im Jahr 2011 herrschen in dem ölreichen Land zunehmend Chaos und Gewalt. Zwei Regierungen und zahlreiche Milizen bekämpfen sich gegenseitig. Neben der Kammer in Tobruk hat sich ein Gegenparlament in Tripolis gebildet. Dieses wird von Islamisten dominiert. Die Terrormiliz IS und andere Extremisten machen sich das Machtvakuum zunutze.
Der Chef der international anerkannten Regierung in Tobruk, Abdullah al-Thinni, warf dem IS in einer in der Nacht zum Freitag veröffentlichten Erklärung vor, einen Völkermord zu verüben. Der weitgehend machtlose Regierungschef, der am Dienstag mit einer angeblichen Rücktrittsankündigung für Verwirrung gesorgt hatte, rief die Vereinten Nationen auf, das 2011 gegen Libyen verhängte Waffenembargo aufzuheben.
sp/kle (afp, dpa, rtr)