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"Liberalisierungs-Maschine WTO"

Julia Elvers17. Januar 2005

Sie ist eine der umstrittensten internationalen Organisationen: die Welthandelsorganisation WTO. Ihr Ziel: die Liberalisierung des Welthandels. Ihre schärfsten Kritiker: die Nichtregierungs-Organisationen.

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Welthandels-Hauptsitz in GenfBild: AP

Wie kann die Massenarmut in Entwicklungsländern bekämpft werden? Und wie kann man die Entwicklungsländer gerecht in die Weltwirtschaft integrieren? Das sind die Fragen, in denen sich die 148 Mitgliedsländer der WTO (World Trade Organization) nicht einigen können. Am 1. Januar – rechtzeitig zum zehnjährigen Jubiläum – sollte die derzeit laufende Entwicklungsrunde, die so genannte Doha-Runde, erfolgreich abgeschlossen werden. Davon kann im Augenblick noch keine Rede sein.

Schere zwischen Arm und Reich

Georg Koopmann vom Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA) meint, dass die WTO für Kritiker der "Inbegriff der Globalisierung" sei, die "keine Rücksicht auf Interessen von Entwicklungsländern, Umwelt oder Arbeitnehmern nimmt."

Das Antiglobalisierungs-Bündnis Attac zum Beispiel ist der Auffassung, dass die Politik der WTO in den zehn Jahren ihres Bestehens vor allem den Exportinteressen der Industrieländer gedient habe. "Die Liberalisierungs-Maschine WTO hat erheblich dazu beigetragen, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer größer geworden ist", so Pia Eberhardt von Attac.

Auch die Entscheidungsabläufe in der WTO gelten als undurchsichtig. "Entscheidungen werden offiziell zwar im Konsens getroffen", so Koopmann, "de facto fallen sie aber in relativ kleinen Zirkeln", in denen zumeist die USA und die EU den Ton angeben würden. Weiterer Streitpunkt sind die Agrarsubventionen. Mit subventionierten Produkten aus den Industrieländern können Kleinbauern in Entwicklungsländern auf dem Weltmarkt nicht konkurrieren.

"Kreativer Fehlschlag"

WTO Ministerkonferenz in Cancun Logo
Scheitern der WTO-Ministerkonferenz in Cancun im September 2003

Wegen der Agrar-Export-Subventionen platzte auch die letzte WTO-Ministerkonferenz in Cancún (Mexico) im September 2003. Die USA und die EU hatten einen Kompromiss ausgehandelt, der nur einen geringen Subventionsabbau vorsah. Die Entwicklungsländer weigerten sich daraufhin, weiter zu verhandeln. "Das Scheitern war ein kreativer Fehlschlag", meint Georg Koopmann, denn es habe dazu geführt, dass sich die Machtverhältnisse in der WTO insgesamt zugunsten der Schwellen- und Entwicklungsländer verschoben hätten.

Auf einem WTO-Treffen im Juli 2004 konnte der Schaden, der in Cancun entstanden war, Koopmann zufolge repariert werden. Die Teilnehmer einigten sich darauf, Exportsubventionen vollständig abzubauen. Die Doha-Runde kam wieder in Gang. Auf der nächsten WTO-Konferenz Ende 2005 in Hongkong wollen die Teilnehmer festgelegen, inwieweit und bis wann die Handelsschranken im Agrar-, Industrie- und Dienstleistungssektor reduziert werden sollen.

Umdenken nach der Flutkatastrophe?

Auslöser zum Umdenken könnte die Flutkatastrophe in Südasien sein. WTO-Generaldirektor Supachai Panitchpakdi appellierte am 14. Januar an die Mitgliedsländer: "Ich möchte alle Mitglieder einzeln dringend bitten, eingehend und schnellstens zu überlegen, was sie gerade jetzt mit ihrer Handelspolitik tun können, um den am schlimmsten betroffenen Volkswirtschaften zu helfen, sich zu erholen." Wenn die WTO-Mitglieder ihre Märkte weiter öffnen und protektionistische Maßnahmen weiter abbauen würden, profitierten alle davon, so Panitchpakdi.