Lettlands Zentralbankchef unter Korruptionsverdacht
20. Februar 2018Lettlands Zentralbankchef Ilmars Rimsevics (Artikelbild) hat die gegen ihn erhobenen Korruptionsvorwürfe zurückgewiesen und will trotz Rücktrittsforderungen im Amt bleiben. "Ich habe beschlossen, dass ich nicht zurücktrete, weil ich unschuldig bin", sagte Rimsevics am Dienstag auf einer von ihm einberufenen Pressekonferenz in Riga. "Ich habe von niemandem Bestechungsgelder verlangt oder erhalten". Vielmehr sei er Ziel einiger Geschäftsbanken geworden, die Lettlands Ruf zerstören wollten, sagte Rimsevics. Er selbst habe Morddrohungen, erhalten, über die er die Sicherheitsbehörden informiert habe. Der Mehrheitseigner der lettischen Norvik Banka sagte gegenüber der Nachrichtenagentur AP, Rimsevics habe seit 2015 regelmäßig durch einen Mittelsmann Bestechungsgelder verlangt.
Lettlands Regierungschef Maris Kucinskis hatte Rimsevics nach Korruptionsvorwürfen zum Rücktritt aufgefordert. Er könne sich nicht vorstellen, dass ein Gouverneur der Bank von Lettland arbeiten könne, der wegen solch schwerwiegender Anschuldigungen verhaftet worden sei, sagte Kucinskis am Montag.
Vor Kucinskis hatte bereits Finanzministerin Dana Reizniece-Ozola Rimsevics aufgerufen, während der Untersuchung sein Amt ruhen zu lassen. Auch Wirtschaftsminister Arvils Aseradens und Parlamentspräsidentin Inara Murniece brachten Rücktrittsforderungen gegen den Zentralbankchef vor.
Nach lettischem Recht kann der vom Parlament in Riga für sechs Jahre ernannte Zentralbankchef nur nach einer Rücktrittserklärung oder bei schweren Verfehlungen vorzeitig abberufen werden. Die Schuld muss dabei von einem Gericht rechtskräftig festgestellt werden.
Zentralbankchef unter Korruptionsverdacht
Die Antikorruptionsbehörde KNAB des Landes hatte Rimsevics am Wochenende festgenommen. Am Freitag hatten Ermittler die Wohnung und das Büro von Rimsevics durchsucht. Der 52-Jährige sei zudem mehr als sieben Stunden lang von der KNAB befragt worden. Grund für die Festnahme sei der Verdacht auf Bestechlichkeit, hieß es am Montag von der KNAB. Rimsevics solle eine Bestechungssumme von mindestens 100.000 Euro verlangt haben, so Behördenleiter Jekabs Straume. Nach Zahlung einer Kaution in derselben Höhe kam der dienstälteste Zentralbankchef der Eurozone am Montagabend vorerst auf freien Fuß.
Rimsevics steht seit 2001 an der Spitze der Notenbank. Seit dem Beitritt Lettlands zur Euro-Zone im Januar 2014 ist er zudem Mitglied des EZB-Rates. Die EZB hatte eine Stellungnahme zu dem Vorfall abgelehnt.
Von Kucinskis hieß es am Wochenende, die KNAB arbeite professionell und genau. "Die Regierung vertraut voll und ganz der Behörde und ist bereit, jede erforderliche Unterstützung zur Verfügung zu stellen." Zudem betonte der Regierungschef, gebe es "keine Anzeichen für eine Gefahr für das lettische Finanzsystem". Ein Sprecher der Zentralbank sagte dem lettischen Rundfunk, das oberste Finanzinstitut des Baltenstaats arbeite wie gewohnt. Für Montag berief Kucinskis eine Sondersitzung der Regierung in Riga ein. Auch die KNAB kündigte eine Pressekonferenz an. Zur Situation im lettischen Bankensektor wird zudem der Nationale Sicherheitsrat zusammentreffen, wie die lettische Präsidialkanzlei mitteilte.
Geldwäscheverdacht bei drittgrößter lettischer Bank
Die Festnahme des Chefs der unabhängigen Zentralbank ist ein weiterer Rückschlag für das lettische Bankensystem. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die lettische Bankenaufsicht aufgefordert, der im Zentrum eines Geldwäsche-Skandals stehenden ABLV-Bank bis auf weiteres sämtliche Auszahlungen zu untersagen. In den vergangenen Tagen habe sich die Finanzlage des Instituts deutlich verschlechtert, begründete die EZB am Montag das Moratorium. Die EZB ist seit Herbst 2014 zusätzlich für die Überwachung der großen Banken im Euro-Raum zuständig.
Die US-Behörde FinCEN, eine für die Ermittlung von Finanzkriminalität zuständige Abteilung des US-Finanzministeriums, wirft der ABLV Bank systematische Geldwäsche vor. Das Institut ermögliche seinen Kunden, die Sanktionen der Vereinten Nationen gegen Nordkorea zu unterlaufen, die wegen des Atomwaffenprogrammes verhängt wurden, so der Vorwurf der Amerikaner. Die ABLV erklärte dagegen, die US-Behörde berufe sich auf unbewiesene und irreführende Informationen.
iw/ul (dpa, rtr)