Laos: Auf dem Weg in die chinesische Schuldenfalle?
29. Juli 2024Eigentlich sollte Laos die "Batterie" Südostasiens werden. Von China finanzierte Staudämme am Mekong-Fluss und andere Infrastrukturprojekte in der Energiewirtschaft sollten dazu beitragen.
Doch die von China finanzierten Projekte haben noch nicht den wirtschaftlichen Ertrag gebracht, den sich das Land erhofft hatte. Stattdessen zeigen jüngste Wirtschaftsdaten ein anderes Bild: Laos wird von einem Schuldenberg erdrückt.
Es zeichnet sich ab, dass die Gesamtsumme der Schulden im öffentlichen und staatlichen Sektor Ende diesen Jahres 13,8 Milliarden Dollar (12,7 Milliarden Euro) betragen wird. Das entspricht ungefähr dem Gegenwert des gesamten Bruttoinlandsprodukts (BIP) des kleinen Landes.
Auch Hochgeschwindigkeits-Züge und eine moderne Energieinfrastruktur sollten Laos den Weg in die Zukunft bereiten. Deren Bau hat das Land ebenfalls mit Darlehen aus China finanziert, die Peking im Rahmen seiner "Neuen Seidenstraße"-Initiative zur Verfügung gestellt hat.
Die 422 Kilometer lange Strecke verbindet die Hauptstadt von Laos, Vientiane, mit der Stadt Boten an der Grenze zu China. Die Strecke wurde 2021 fertig gestellt.
Inflation und Überkapazitäten
Darlehen aus China, dem größten Gläubiger von Laos, machen nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg die Hälfte der Auslandsschulden von insgesamt 10,5 Milliarden Dollar aus. Laos habe ein großes Schuldenproblem, sagt Zachary Abuza vom National War College in Washington, der sich auf Südostasien spezialisiert hat.
"Es sind nicht nur die Verbindlichkeiten gegenüber China. Laos hat auch sonst erdrückende Schulden. Werden diese in produktiver Weise verwendet, ist das nicht schlimm. Aber das ist in Laos nicht der Fall. So hat man in Laos nun Überkapazitäten bei der Wasserkraft."
Ähnlich sieht es bei anderen Infrastrukturprojekten aus. "Die Eisenbahn hat Laos vollkommen überfordert, auch wenn sie mit der neuen Verbindung nach Bangkok nun eigentlich größere Erträge einspielen sollte", erklärt Abuza.
Dies führe dazu, dass der Wert der laotischen Währung "um bis zu 30 Prozent sinken wird. Zudem wird die Inflation in die Höhe schnellen. Bereits jetzt ist sie die zweithöchste in der Region."
China weist Vorwürfe zurück
Experten kritisierten Peking für seine so genannte "Schuldenfallen-Diplomatie". China finanziere Großprojekte in Entwicklungsländern, die diesen am Ende gewaltige Verbindlichkeiten gegenüber China auferlegten und sie letztlich wirtschaftlich abhängig machten, so der Vorwurf.
Das chinesische Außenministerium bezeichnet derartige Vorwürfe in der Regel als US-amerikanische Propaganda, die Pekings Ziele bei der Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern torpedieren soll.
China tue "sein Bestes", um Laos bei seiner Schuldenlast zu helfen, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums der Nachrichtenagentur Bloomberg.
Laos unterhält enge Beziehungen zu China. Beide Länder sind durch eine ähnliche politische Ideologie miteinander verbunden. Laos ist ein kommunistischer Einparteienstaat, der von der Laotischen Revolutionären Volkspartei regiert wird.
Teure Großprojekte
Abuza weist aber auch darauf hin, dass "China für das wirtschaftliche Chaos in Laos nicht allein verantwortlich ist". In Teilen sei das auch die laotische Regierung selbst. "Sie nahm zu viele Schulden für Projekte auf, die nicht die erwarteten wirtschaftlichen Erträge brachten."
Die chinesischen Kredite seien "nicht billig". Vier Prozent Zinsen für Entwicklungsprojekte seien sehr hoch, so der Experte. Japan und die Weltbank verlangten üblicherweise weniger als ein Prozent.
"China entgegnet darauf, dass es Kredite auch dann noch vergebe, wenn alle anderen Finanziers ausfallen. Außerdem geht es ein hohes politisches Risiko ein", umreißt Abuza die Position Pekings.
"Die meisten Darlehen der Neuen Seidenstraßen-Initiative werden über staatliche Unternehmen oder staatliche Banken vergeben. "Diese Kredite sind 'versichert'. Das heißt, dass Laos bei einem Zahlungsausfall entweder das auf Treuhandkonten der Bank of China geparkte Geld oder die Vermögenswerte aus dem Tausch von Schulden gegen Aktien verlieren würde."
Bevölkerung spürt wirtschaftlichen Druck
Die laotische Wirtschaft hat seit der COVID-Pandemie generell mit steigender Inflation, einem schwachen Wechselkurs und einem schleppenden Wirtschaftswachstum zu kämpfen.
So stieg die Inflationsrate im Juni dieses Jahres auf über 26 Prozent. Damit lag sie leicht über der des Vormonats (25,7 Prozent).
Nach Angaben der Weltbank wuchs das BIP von Laos im Jahr 2023 um 3,7 Prozent und wird 2024 voraussichtlich um 4 Prozent steigen. Vor der Pandemie lag das Wachstum noch bei 5,5 Prozent.
Die Menschen in Laos bekämen die Last des wirtschaftlichen Abschwungs allmählich zu spüren, sagt der DW ein Bürger des Landes, der anonym bleiben möchte. Es mangele an öffentlichen Dienstleistungen, Straßeninstandhaltung, Bildung und Gesundheitsdiensten.
Negative Folgen der Pandemie
"Während der Corona-Pandemie schlossen viele kleine Unternehmen und haben seitdem nicht wieder aufgemacht. Diejenigen, die etwas Land besitzen, bauen ihre Lebensmittel inzwischen selbst an und besinnen sich wieder auf eine einfache Subsistenzform." Die meisten Laoten würden die wirtschaftliche Misere aber nicht mit der Verschuldung in Verbindung bringen.
"Die meisten Menschen sind sich weder des Ausmaßes der Verschuldung bewusst, noch ist ihnen klar, dass die Schulden gegenüber China direkte Auswirkungen auf ihr Leben haben."
"Sie führen die täglichen Herausforderungen auf den durch die Corona-Pandemie bedingten Abschwung der laotischen Wirtschaft zurück. Diese nehmen sie vor allem in Form der steigenden Lebenshaltungskosten wahr".
Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.