Lampedusa: Von der Leyen nähert sich Melonis Forderungen an
18. September 2023Die Nerven liegen blank: Kaum waren EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni auf der süditalienischen Insel Lampedusa gelandet, empfingen unzufriedene Inselbewohner die beiden am Flughafen und drohten, ihre Weiterreise zu blockieren.
"Wir tun alles in unserer Macht Stehende", versicherte Meloni den Demonstranten, "wie üblich übernehme ich persönlich die Verantwortung."
Von der Leyen dankte den Einwohnern später vor der Presse dafür, dass sie "ihr Äußerstes tun, um die Männer, Frauen und Kinder zu unterstützen, die auf dieser Insel gelandet sind".
Sie bezeichnete die irreguläre Immigration als "eine Herausforderung, die eine europäische Antwort benötigt", und appellierte an die anderen EU-Staaten, freiwillig Migranten aus Italien aufzunehmen.
Zehn Punkte gegen illegale Einwanderung
Mehr als 127.000 Migranten sind seit Beginn des Jahres an Italiens Küsten angekommen. Das sind beinahe doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum.
Mehr als 2000 Menschen sind der UN-Einwanderungsbehörde IOM zufolge in diesem Jahr beim Versuch, Italien oder Malta von Nordafrika aus zu erreichen, ums Leben gekommen.
Als allein in der vergangenen Woche Tausende Migranten auf Lampedusa eintrafen, wurde die Debatte um die Aufteilung von Flüchtlingen und Migranten innerhalb der EU erneut angefacht.
Daher stellte die EU-Kommissionspräsidentin auf der Insel nun einen Zehn-Punkte-Plan vor. Dazu gehört etwa eine bessere Ausbildung der tunesischen Küstenwache und anderer Strafverfolgungsbehörden.
Von Tunesien aus brechen besonders viele Migranten mit meist seeuntauglichen Booten in Richtung Italien auf. Dabei hatte von der Leyen erst im Juli mit Unterstützung Melonis ein Abkommen mit Tunesien erreicht, das die irreguläre Migration aus dem nordafrikanischen Land in die EU eindämmen soll.
Überwachung des Mittelmeers soll verstärkt werden
Nun soll noch einmal die Überwachung der EU-Außengrenze auf See und aus der Luft verstärkt werden. "Wir können dies über Frontex tun", sagte von der Leyen mit Blick auf die EU-Grenzschutzagentur.
Und sie fügte hinzu, sie unterstütze es, Optionen zur Ausweitung bestehender Marine-Einsätze im Mittelmeer auszuloten oder an neuen Einsätzen zu arbeiten. Genau das hatte Italiens Ministerpräsidentin zuvor gefordert.
Von der Leyen kündigte zudem ein härteres Vorgehen gegen Schleuser an. Sie betonte aber auch: "Die wirksamste Maßnahme gegen die Lügen der Schmuggler sind legale Wege und humanitäre Korridore." Je besser bei der legalen Migration vorgegangen werde, desto strenger könne man bei irregulärer Migration vorgehen.
199 Boote in drei Tagen
Zwischen Montag und Mittwoch waren etwa 8500 Menschen in 199 Booten auf Lampedusa angekommen. Auf der nördlich von Tunesien gelegenen Mittelmeerinsel wohnen 6000 Einwohner.
Meloni hatte die EU am Freitag zu raschem Handeln aufgefordert. Die Lage in Italien sei wegen des Flüchtlingszuzugs "unerträglich". Aus Sicht von Meloni ist die Verhinderung der Überfahrten von Migranten die einzige Lösung für die derzeitige Situation, wie sie am Sonntag deutlich machte. Die Rechtspolitikerin hatte am Freitag eine europäische Mission gefordert, um Migrantenboote auf ihrem Weg nach Europa zu stoppen.
Auf der abschließenden Pressekonferenz sagte Meloni den Inselbewohnern 50 Millionen Euro zu. Damit sollen unter anderem Hunderte Bootswracks entfernt werden, die lokale Fischer bei ihrer Arbeit behindern und die Umwelt belasten. Ferner soll Müll beseitigt und die Infrastruktur verbessert werden.
Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser hatte Italien nach einem Telefonat mit den Ressortchefs Italiens, Spaniens, Frankreichs und der EU-Innenkommissarin Ylva Johansson Solidarität in der Flüchtlingskrise versprochen.
rb/jj/nob/fab (afp, dpa, rtr)