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Politik

Lage in Kasachstan eskaliert

6. Januar 2022

In der Stadt Almaty geht das Militär gewaltsam gegen Demonstranten vor. Von "heftigen Schusswechseln" in der Metropole ist die Rede. Offenbar wurden bei den Protesten zahlreiche Menschen von Sicherheitskräften getötet.

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Ausgebranntes Autowrack in Almaty
Ausgebranntes Autowrack in AlmatyBild: Valery Sharifulin/TASS/dpa/picture alliance

Die Ausschreitungen in der Republik Kasachstan dauern an. In der Millionenstadt Almaty habe es vor dem Rathaus einen "heftigen Schusswechsel" zwischen Dutzenden bewaffneten Menschen und dem Militär gegeben, meldet die russische Staatsagentur TASS unter Berufung auf ihren Korrespondenten vor Ort. Offenbar gibt es Todesopfer.

Laut Polizeisprecher Saltanat Asirbek hatten "extremistische Kräfte" versucht, Verwaltungsgebäude sowie die Zentrale und mehrere Dienststellen der Polizei in der Metropole im Südosten des zentralasiatischen Landes zu stürmen. Dutzende Angreifer seien "eliminiert" worden, so die martialischen Worte des Polizeisprechers, die von den Nachrichtenagenturen Interfax-Kasachstan, TASS und Ria Nowosti zitiert werden. Deren Identitäten würden nun ermittelt. Das lässt darauf schließen, dass diese Protestierenden ums Leben gekommen sind.

Genaue Lage ist unklar

In weiteren Berichten heißt es, 300 Soldaten seien in gepanzerten Mannschaftswagen angerückt. Sie hätten den Platz umstellt. In verschiedenen Stadtteilen von Almaty laufen offenbar Einsätze gegen Demonstranten, die Berichten zufolge auch bewaffnet sein sollen. Einwohner seien aufgerufen worden, an sicheren Orten zu bleiben und Straßen zu meiden.

Soldaten im Einsatz gegen Protestierende in Almaty
Soldaten im Einsatz gegen Protestierende in AlmatyBild: Valery Sharifulin/TASS/dpa/picture alliance

Eine unabhängige Bestätigung der Vorgänge gibt es bislang nicht. Internetseiten kasachischer Medien sind derzeit nicht vom Ausland aus zu erreichen. Die genaue Lage ist deshalb unklar. Im Land wurde offenbar abermals das Internet abgeschaltet. In der Millionenstadt Almaty war das Mobilfunknetz außer Betrieb.

Bei den Protesten in Almaty sind offiziellen Angaben zufolge 18 Sicherheitskräfte getötet worden. Klare offizielle Angaben zu möglichen zivilen Todesopfern gibt es weiterhin nicht. Am Mittwoch hatten die Behörden von acht toten Polizisten und Soldaten gesprochen.

Angaben des kasachischen Gesundheitsministeriums zufolge gab es bei den Unruhen bislang mehr als 1000 Verletzte. 400 Menschen seien in Krankenhäuser gebracht worden, 62 seien auf Intensivstationen. Zu Todesopfern unter Zivilisten gibt es bislang keine Behördeninformationen. Nach Angaben des Innenministeriums sind rund 2000 Menschen festgenommen worden, meldet TASS.

Wie das kasachische Medium "Vlast" berichtet, wurden in Almaty Supermärkte und Geschäfte geplündert, darunter der Laden eines Waffenhändlers. Zudem seien viele Geldautomaten gesprengt worden. "In der Stadt riecht es stark nach Feuer."

Landesweiter Ausnahmezustand

Dagegen zeigen Videos aus der Hauptstadt Nur-Sultan (früher Astana), wie das öffentliche Leben in den neuen Tag startete. Zu sehen sind Autos und Linienbusse auf den Straßen, aber auch ein großes Aufgebot an Sicherheitskräften, das Regierungsgebäude abgeriegelt hat. Am Flughafen der Stadt fielen Berichten zufolge zunächst bis zum Mittag alle Flüge aus. Im gesamten Land gilt der Ausnahmezustand. Vor einigen Banken bildeten sich lange Warteschlangen.

Karte Kasachstan Nur-Sultan Almaty DE

Auslöser der größten Protestwelle seit Jahren war Unmut über deutlich gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen der öl- und gasreichen Ex-Sowjetrepublik. Als Reaktion auf die teils gewaltsamen Proteste entließ Präsident Kassym-Jomart Tokajew die Regierung, bevor in der Nacht zum Donnerstag das Militär in Almaty einschritt.

Angesichts der Unruhen hat Russland Soldaten nach Kasachstan verlegt. Es seien Fallschirmjäger als Teil einer Friedenstruppe entsandt worden, meldeten mehrere russische Staatsagenturen unter Berufung auf die "Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit" (OVKS). Präsident Tokajew hatte das von Russland geführte Militärbündnis zu Hilfe gerufen. Ihm gehören neben Russland Belarus, Armenien, Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan an.

Die Lufthansa und weitere Airlines teilten mit, dass Almaty vorerst nicht mehr angeflogen wird.

AR/kle (afp, dpa, rtr)