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Künstliches Blut

Gudrun Heise, Liam Starkey14. Juni 2014

Blut in großen Mengen selbst herzustellen - diesem Ziel sind schottische Forscher jetzt näher gekommen. Es wäre eine exzellente Lösung, denn Spenderblut ist knapp.

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Bild: Fotolia/Gina Sanders

Viele Leute gehen regelmäßig zur Blutspende - es ist schon Routine für sie. Aber es sind nicht genug: Insgesamt gibt es zu wenige Blutkonserven. Weltweit kämpfen die Blutspendedienste um Spender, damit sie den hohen Bedarf an Blut in Krankenhäusern und Praxen einigermaßen decken können.

Zudem muss vor der Übertragung in jedem Fall untersucht werden, ob das Blut sauber und damit sicher ist. Die Spenden werden auf verschiedene Krankheiten hin getestet, HIV und Hepatitis eingeschlossen. Für einige Personengruppen ist es verboten, überhaupt Blut zu spenden. Künstliches Blut aus dem Labor wäre die ideale Lösung.

Massenproduktion von Blutkonserven

Sauberes Blut gebrauchsfertig und in genau den Mengen, die benötigt werden, in Massen herzustellen, daran arbeiten Forscher überall auf der Welt. Mit den Fortschritten in der Stammzellenforschung rückt das Ziel näher. An neuen Techniken dazu arbeiten auch die Forscher am Schottischen Zentrum für Regenerative Medizin (SRCM) in Edinburgh. Sie konnten bereits erste Erfolge verbuchen - und mittlerweile liegen dem SRCM und der Gentechnikfirma Roslin Cells auch die Genehmigung der britischen Regulierungsbehörde vor, künstliches Blut zu produzieren.

Erythrozyten Foto: eye of science/Oliver Meckes
Heiß begehrt: rote BlutkörperchenBild: eye of science/Oliver Meckes

Zunächst arbeiteten die Forscher mit embryonalen Stammzellen und verwandelten sie in rote Blutkörperchen. Jetzt konzentrieren sich die Wissenschaftler vor allem auf adulte Stammzellen. Es sei möglich, daraus rote Blutkörperchen herzustellen, erklärt Marc Turner vom SRCM. Weil diese Zellen nur begrenzt fähig sind, sich zu teilen, könne man allerdings keine riesigen Mengen herstellen. "Aber", sagt der Projektleiter, "während der letzten Jahre ist es möglich geworden, pluripotente Stammzellen aus Gewebe abzuleiten."

Dabei handelt es sich um Zellen, die sich gewissermaßen noch nicht spezialisiert haben. "Wir können diese Stammzellen im Labor so aufbereiten, dass sie dann eine größere Menge an Blutzellen produzieren", erläutert Turner.

Schritt für Schritt

Seit 2009 forschen die Schotten daran, künstliches Blut herzustellen. Mit der behördlichen Erlaubnis in der Tasche will das Konsortium aus SRCM und Roslin Cells die jetzigen Kapazitäten ausbauen. Nur so können die erforderlichen Mengen roter Blutzellen produziert werden, die für klinische Tests nötig sind.

Bei der weiteren Forschungsarbeit gehe es darum, "den Prozess viel engmaschiger zu kontrollieren", sagt Turner. "Es geht aber auch darum, die Produktionskosten im Auge zu behalten. Es ergibt schließlich keinen Sinn, eine Million Blutzellen für eine Million Pfund zu produzieren. Dann würde sie niemand nutzen."

Bluttransfusion Foto: Gina Sanders - Fotolia.com
Blut muss bezahlbar bleibenBild: Fotolia

Der ethische Aspekt

Bei einer künstlichen Befruchtung ist es in Großbritannien möglich, mehr Embryonen zu erzeugen, als letztendlich in die Gebärmutter eingepflanzt werden. Sie werden eingelagert und nach einer Frist der Forschung zur Verfügung gestellt. Viele Menschen sind gegen den Einsatz von Embryonen in der Forschung.

Aber es bestehe kein Grund zur Sorge, sagt der Bioethiker John Harris von der Universität Manchester. Die Forschung mit adulten Stammzellen sei ethisch unproblematisch, denn die Zellen stammten nicht von Embryonen, sondern von Hautzellen ganz normaler Menschen, meist von Erwachsenen. "Diese Zellen sind auf einen pluripotenten Zustand umprogrammiert, und der kommt dem embryonalen Zustand sehr nahe. Aber es ist kein Embryo."

Die Bedeutung der Blutgruppe

Das künstliche Blut muss frei sein von Erregern, lange haltbar, kostengünstig und natürlich gut verträglich für den Patienten. Die Verträglichkeit ist bei einer Bluttransfusion auch abhängig von der jeweiligen Blutgruppe. Die Gabe einer Blutkonserve mit der falschen Blutgruppe kann zu erheblichen Problemen führen. Beim künstlichen Blut hingegen können die Forscher adulte Stammzellen aus einer Hautprobe oder auch einer Blutprobe von den Personen isolieren, die über die erforderliche Blutgruppe verfügen.

Allein in Deutschland werden jedes Jahr etwa 4,5 Millionen Beutel mit den Konzentraten roter Blutkörperchen benötigt, etwa für Unfallopfer, bei Operationen und Krebspatienten - durch Chemotherapie kann der Körper oft kein neues Blut bilden. Die Produktion von Blut in industriellem Maßstab wäre ein Riesenschritt für die Medizin und die Patienten.