Bestseller-Autor Stephen King wird 75
21. September 2022Seine Geschichten sind längst Teil unseres kulturellen Bewusstseins: Stephen King ist der erfolgreichste Horror-Autor aller Zeiten. Mehr als 400 Millionen Bücher hat der US-Amerikaner verkauft. Viele davon wurden verfilmt und zu preisgekrönten Kassenschlagern. Der Name Stephen King ist zu einer Marke avanciert.
Kings Anfänge allerdings waren durchaus bescheiden: Seine Eltern lassen sich früh scheiden, Stephen und sein Bruder David wachsen in Armut auf. Mit ihrer Mutter Ruth ziehen sie schließlich in den nordöstlichen US-Bundesstaat Maine, wo später auch viele von seinen Erzählungen spielen.
Alpträume der Kindheit
Die Abgeschiedenheit von New England und die Familienverhältnisse prägen den Charakter des Schriftstellers: Kings Mutter muss sich um ihre Eltern kümmern und wird dafür von ihrer Familie finanziell unterstützt. Nach dem Tod der Eltern arbeitet Ruth King jahrelang in der Küche einer Nervenheilanstalt. Die eine oder andere Geschichte von ihrem Arbeitsplatz dürfte damals schon die Fantasie des jungen Stephen King beflügelt haben.
Trotz schwieriger Voraussetzungen ist King ein guter Schüler und später auch Student. Während des Literaturstudiums an der University of Maine schließt er sich mit Aktivisten gegen den Vietnamkrieg zusammen. Den Krieg erlebt er nur aus der Ferne: Er wird wegen seines hohen Blutdrucks und seiner Kurzsichtigkeit ausgemustert.
Aller Anfang ist schwer
Seinen Abschluss macht King 1970, und bereits im darauffolgenden Jahr heiratet er seine Frau Tabitha. Die beiden lernten sich bereits zu Unizeiten kennen, und das erste Kind, Tochter Naomi Rachel, ist auch schon da. Das Paar ist glücklich, aber finanziell gibt es Probleme: Nach eigenen Angaben muss King in einer Wäscherei jobben, außerdem schreibt er Artikel für Männermagazine. Die vermeintliche Ausweglosigkeit dieses Zustands ist für ihn der eigentliche Horror: King fühlt sich als Versager und verfällt dem Alkohol.
Ganz allmählich macht er sich mit seinen unheimlichen Erzählungen einen Namen. Seine Geschichten, die er für Magazine schreibt, werden immer länger: Aus Artikeln werden Kurzgeschichten, aus den Kurzgeschichten werden Romane. Der Verlag Doubleday wird auf ihn aufmerksam, zahlt ihm einen hohen Vorschuss, und 1974 kommt Kings erstes Horrorbuch auf den amerikanischen Markt: "Carrie" - die Geschichte eines Mädchens, das unter der strengen, religiösen Erziehung seiner Mutter und dem unaufhörlichen Hänseln seitens ihrer Klassenkameraden gleichermaßen leidet und schließlich ihre übernatürlichen Fähigkeiten dazu einsetzt, mit allen abzurechnen. Bei Horrorfans kommt das Buch gut an und feiert auch bald außerhalb einschlägiger Kreise Erfolge.
Erste Erfolge in Buch und Film
Ein Jahr danach folgt "The Shining", das schnell zum Bestseller für den jungen King wird. In dem Roman verarbeitet der Autor sein Alkoholproblem und schildert die Abgründe, zu denen suchtkranke Menschen fähig sind. Sein Protagonist Jack Torrance zieht mit seiner Familie in ein Hotel in Colorado, wo er als Hauswart im Winter arbeiten soll. Doch das Hotel hat eine düstere Vergangenheit, die Jack inmitten der winterlichen Schneestürme in den Wahnsinn treibt.
Die Marke Stephen King steht binnen weniger Jahre nicht nur für Horrorliteratur, sondern trägt auch dazu bei, das Genre der Gruselfilme neu zu definieren. Die B-Movies der 60er und 70er Jahre sind längst veraltet und können nicht mehr ernst genommen werden. Damit machen Kings Verfilmungen Schluss.
Eine neue Ära des Gruselns beginnt. Sowohl "Carrie" als auch "The Shining" werden binnen weniger Jahre nach der Erstveröffentlichung verfilmt und gehen in die Filmgeschichte ein. Sissy Spaceks Darbietung als Carrie und Jack Nicholsons Darstellung von Jack Torrance gehen tief unter die Haut und nehmen über die Jahrzehnte ikonografische Dimensionen an - auch wenn King wohl laut eigenen Angaben nicht ganz zufrieden ist mit der Verfilmung von "The Shining". Ihm kommen die persönlichen Aspekte der Geschichte zu kurz.
Arbeit unter Pseudonym
In den 1980er Jahren beginnt Stephen King auch andere Genres auszuprobieren. Den Anfang macht er mit der Reihe "Der Dunkle Turm", einer Fantasy-Saga, die sowohl Western- als auch Science Fiction-Elemente enthält. King selbst bezeichnet die achtteilige Reihe als sein wichtigstes Werk. Verfilmt wird "Der Dunkle Turm" allerdings erst 2017.
Andere Werke veröffentlicht King unter dem Pseudonym Richard Bachmann, da er Angst hat, als Autor nicht mehr ernst genommen zu werden, wenn zu viele Werke seinen Namen tragen. Darunter zum Beispiel "The Running Man" aus dem Jahr 1982. Die Handlung beschreibt eine Fernsehsendung, in der Teilnehmer buchstäblich ums Überleben kämpfen, während sie von Agenten um die Welt gejagt werden. Mit jeder Stunde, die der "Running Man" überlebt, wächst sein Preisgeld. "The Running Man" wird später als Science Fiction-Thriller mit Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle verfilmt.
In Kings Horrorfach folgen im Laufe der Jahre "Der Friedhof der Kuscheltiere", "Es" und "Sie" - allesamt Bestseller, deren Verfilmungen Kinobesucher weltweit das Fürchten lehren. Dass Kings Werk zeitlos ist, zeigt auch die aktuelle Verfilmung von "Es". Mehr als 20 Jahre nach der Erstveröffentlichung des Romans bricht der Hollywoodfilm Kassenrekorde in den USA. Auch Fernsehen und Streamingdienste nehmen sich Kings Geschichten noch immer gern an. So produzierte der US-amerikanische Anbieter HBO im Jahr 2020 eine Fernsehfassung von Stephen Kings Roman "The Outsider" (2018).
Mehr als nur Horror
Die beliebteste Verfilmung einer King-Vorlage stammt allerdings nicht aus dem Horror-Fach: "Die Verurteilten" aus dem Jahr 1994 (Regie: Frank Darabont) wirft einen kritischen Blick auf US-amerikanische Gefängnisse und gilt mittlerweile als einer der größten Leinwandklassiker überhaupt. Der Film mit Tim Robbins und Morgan Freeman in den Hauptrollen wird von der Internet Movie Database (IMDb) seit etlichen Jahren auf Platz eins der besten Filme gelistet. Die Verfilmung des Fortsetzungsromans "The Green Mile" im Jahr 1999 geht noch einen Schritt weiter und hinterfragt den Sinn der Todesstrafe. Beide Filme wurden für mehrere Oscars nominiert und von Kritikern gefeiert.
1999 trifft King ein Schicksalsschlag: Er wird von einem Auto angefahren, erleidet schwere Verletzungen und muss mehrere Operationen über sich ergehen lassen. Beinah wird ihm das Bein amputiert. Vom Schreiben hält ihn das nicht ab. Zu diesem Zeitpunkt arbeitet King an einem Lehrbuch für Schriftsteller: "Das Leben und das Schreiben" soll anderen Autorinnen und Autoren einen Einblick in seine Arbeitsweise geben. Es ist zum Teil Poetik, zum Teil Autobiographie.
Unter werdenden Schriftstellerin in den USA und Großbritannien hat es längst Kultstatus erreicht, auch weil King sich darin offen über seine Sucht, den Autounfall, und zur Frage nach der Bedeutung des Schreibens im eigenen Leben äußert. Sein eindrücklichster Rat in dem Buch? Das Schreiben nicht zu ernst zu nehmen. Er spiele lieber einen Nachmittag mit seinen Kindern, als noch ein paar 100 Wörter mehr aufs Papier zu bringen.
Stephen King denkt nicht ans Aufhören
"Ich schreibe so lange, wie der Leser davon überzeugt ist, in den Händen eines erstklassigen Wahnsinnigen zu sein," beschreibt King die Philosophie hinter seiner Arbeit. Mehr als 60 Bücher hat King veröffentlicht, dazu kommen zahlreiche Verfilmungen für Kino und Fernsehen. Die wiederholte Aufarbeitung seines Stoffs zeigt, dass Kings Erzählungen zeitlos sind und mit jeder neuen Generation wieder ihr Nervenkitzelpotenzial entfalten können.
Trotz seines fortgeschrittenen Alters ruht sich Stephen King nicht auf seinen Lorbeeren aus und schreibt immer weiter - auch auf Twitter. Dort legte er sich gern mit dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump an, bis dieser ihn blockierte. Oder er bat öffentlich um Solidarität mit seinem Kollegen Salman Rushdie, nachdem dieser bei einer Veranstaltung in New York State niedergestochen worden war.
Sein neuester Roman, "Fairy Tale", hat bei einigen Leserinnen und Lesern laut "New York Times" für Überraschung gesorgt. Denn, so die Times, der Romane verspreche, ganz märchenhaft, ein Happy End. So lernt man noch eine ganz neue Seite des mittlerweile 75-jährigen "Königs des Horrors" kennen. Happy birthday, Stephen King!
Dieser Artikel wurde anlässlich des 75. Geburtstages von Stephen King aktualisiert.