1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

"Überflieger" Johnson und von der Leyen

4. November 2021

Boris Johnson und Ursula von der Leyen stehen in der Kritik, weil sie trotz Klimadebatte auf Kurzstrecken das Flugzeug nahmen. Der britische Premier flog sogar in einem Privatjet von der COP26-Konferenz in Glasgow weg.

https://p.dw.com/p/42aDf
Der britische Premier Boris Johnson beim Verlassen eines Jets am Flughafen von Newquay in Cornwall (Archivbild)
Boris Johnson beim Verlassen eines Jets am Flughafen von Newquay in Cornwall (Archivbild)Bild: Andrew Parsons/Avalon/Photoshot/picture alliance

Am Dienstag hatte der britische Premierminister Boris Johnson noch den versammelten Staats- und Regierungschefs beim COP26 gehörig ins Gewissen geredet, beim Kampf gegen den Klimawandel den Worten Taten folgen zu lassen. Doch dann verließ der konservative Politiker den UN-Weltklimagipfel in Glasgow per Flugzeug Richtung London. Entfernung: 555 Kilometer. Das sorgt für harsche Kritik.

Johnson: Von Glasgow nach London

Einem Bericht des "Daily Mirror" zufolge setzte sich Johnson daraufhin in einen Privatjet und flog zu einem Dinner in einem exklusiven Club in London, dessen Mitgliedschaft nur Männern vorbehalten ist. Er soll dort den früheren Chefredakteur des "Daily Telegraph" und bekennenden Klimaskeptiker Charles Moore getroffen haben. "Das ist atemberaubende Heuchelei vom Premierminister", sagte Anneliese Dodds von der oppositionellen Labour-Partei dem "Mirror".

Ein Regierungssprecher hatte die Reisepläne Johnsons mit dem Flugzeug noch am Montag damit gerechtfertigt, der Premier müsse in der Lage sein, mit erheblichem Zeitdruck zurechtzukommen. In einer neuen Mitteilung hieß es nun, Johnson habe eines der CO2-effizientesten Flugzeuge seiner Größe in der Welt genutzt - mit dem nachhaltigsten Kraftstoff. Großbritannien werde alle CO2-Emissionen, die mit dem Klimagipfel in Verbindung stünden, neutralisieren, heißt es weiter.

Von der Leyen: Von Wien nach Bratislawa

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen steht wegen eines Fluges in der Kritik. Dabei handelte es sich um einen rund 20-minütigen Charterflug im Juni von Wien in die slowakische Hauptstadt Bratislava. Entfernung: 55 Kilometer. Sowohl vom Europäischen Steuerzahlerbund als auch aus dem Bundestag kamen deutliche Worte.

Ursula von der Leyen beim Besteigen eines Jets auf dem militärischen Teil des Flughafens Tegel (Archivbild)
Ursula von der Leyen beim Besteigen eines Jets auf dem militärischen Teil des Flughafens Tegel (Archivfoto)Bild: Bernd von Jutrczenka/dpa/picture alliance

Der Flug sei eine "ökologische Sünde", sagte der Generalsekretär des Steuerzahlerbundes, Michael Jäger, der "Bild"-Zeitung. Neben Steuergeld koste dies "vor allem viel Glaubwürdigkeit". Die CDU-Abgeordnete Jana Schimke kommentierte: "Wenn man Wandel will, dann muss man ihn auch vorleben. Ansonsten wird man unglaubwürdig." Beide spielten darauf an, dass von der Leyen immer wieder zu mehr Engagement für den Klimaschutz aufruft. Zuletzt sagte sie Anfang der Woche in Glasgow: "Wir alle, weltweit, müssen viel mehr Tempo machen".

Die "Bild" recherchierte nun zum Flug der Ex-Bundesverteidigungsministerin. Mit dem Auto beträgt die Strecke von Wien nach Bratislava keine hundert Kilometer. Mit dem Zug dauert die Fahrt etwa eine Stunde. Ein Sprecher der EU-Kommission nannte unter anderem zeitliche Gründe für den Flug. Von der Leyen habe noch am Abend in die lettische Hauptstadt Riga weiterfliegen müssen. Die Kommissionspräsidentin hätte viel Zeit verloren, wenn sie das Flugzeug in Wien gelassen hätte. Die "Bild" zitierte einen Behördensprecher mit den Worten: "Alternativen wurden geprüft, doch es gab logistisch keine andere Möglichkeit." Hinzu sei gekommen, dass es wegen der Corona-Pandemie Bedenken gegeben habe, Linienflüge oder Züge zu nutzen.

sti/AR (afp, dpa)