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Politik

Kritik an IOC-Chef Bach wegen Kim-Besuch

Julian Ryall aus Tokio
6. April 2018

Die Gespräche des Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, in der vergangenen Woche in Nordkorea haben bei Menschenrechtlern in der Region zu Irritationen und Kritik geführt.

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Nordkorea Kim Jong Un und Thomas Bach
Bild: picture alliance/AP Photo/Korean Central News Agency

Bei dem Besuch Bachs wurde die Teilnahme Nordkoreas an den Olympischen Spielen 2020 in Tokio sowie an den Winterspielen in Peking 2022 vereinbart. Bach zufolge soll es wie bei den Winterspielen in Südkorea zu einem gemeinsamen Einlauf der Teams aus Süd- und Nordkorea sowie zu gemischten Teams kommen. Die "starke Botschaft des Friedens", die von den Spielen in Pyeongchang ausgegangen sei, solle wiederholt werden, sagte der IOC-Chef nach dem Besuch.

Bei Menschenrechtlern in Japan und in Südkorea wird indes die "blauäugige" Begeisterung über die olympische Friedensdividende auf der koreanischen Halbinsel kritisch gesehen. Vor allem die propagandistische Ausschlachtung des Treffens Bachs mit Nordkoreas Führer Kim Jong Un ist für Ken Kato, Leiter der NGO "Human Rights in Asia" und Mitglied der Internationalen  Koalition gegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Nordkorea, schwer erträglich.

"Schon das Foto des Handschlags zwischen Bach und dem blutigen Diktator war schlimm genug, aber es wurde noch übertroffen von dem Foto der beiden lächelnd beim gemeinsamen Spaziergang, das im nordkoreanischen Parteiorgan Rodong Sinmun abgedruckt wurde", sagte Kato gegenüber der DW. Damit nicht genug, habe die nordkoreanische Nachrichtenagentur  KCNA formuliert, dass Kim den IOC-Chef "empfangen" habe. Dabei habe letzterer "gegenüber dem geschätzten Vorsitzenden seinen herzlichsten Dank" dafür geäußert, dass er den nordkoreanischen Athleten die Teilnahme an den Spielen in Südkorea gestattet habe, auf dass sie zu einem Symbol des Friedens wurden.

IOC-Präsident Bach zu Besuch in Nordkorea
Thomas Bach im Gespräch mit Nordkoreas Sportminister Kim Il GukBild: picture-alliance/dpa/AP/J. Chol Jin

"Aufwertung eines Terror-Regimes"

Auch Japans Premier Shinzo Abe fühlte sich veranlasst, Bach nach dessen Nordkorea-Visite telefonisch daran zu erinnern, "die Gefühle des japanischen Volkes zu berücksichtigen." Hintergrund sind dieser Reaktionen sind zum einen die Entführungen von bis zu 100 Japanern durch Nordkorea in den 70er Jahren mit dem Ziel, sie beziehungsweise ihre Nachkommen zu Spionen für Nordkorea umzufunktionieren. Diese Affäre belastet die bilateralen Beziehungen bis heute. 2002 gab Nordkorea die Entführung von 13 Japanern zu und erlaubte fünf von ihnen die Rückkehr. Die übrigen wären angeblich auf natürlichem Wege oder bei Unfällen ums Leben gekommen. Japan verlangt dagegen vollständige Aufklärung über das Schicksal der Verschleppten.

Zum anderen, und dies ist der Hauptgrund für die Empörung Katos, werde durch das Treffen mit Bach ein Terror-Regime aufgewertet, das laut einem UN-Bericht von 2014 Verbrechen gegen die Menschlichkeit in einem Ausmaß verübt, das in der Gegenwart keine Parallele hat. Das Regime der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK) terrorisiert demnach die eigene Bevölkerung mit Mord, Folter, Versklavung und willkürlicher Inhaftierung. Mit seinem Besuch habe IOC-Chef Bach diese dokumentierten Menschenrechtsverletzungen des nordkoreanischen Regimes ignoriert, kritisiert Kato, der diese Sicht auch dem IOC schriftlich mitgeteilt hat und auf Antwort wartet.

Screenshot aus dem Film "Camp 14" über das Leben von Shin Dong-Hyuk, der nach 23 Jahren aus einem nordkoreanischen Arbeitslager fliehen konnte.
Aktivisten: "Das ganze Bild bei Gesprächen mit Nordkorea in Blick haben"

"Sicherheitsfragen stellen Menschenrechte in den Schatten" 

Auch Park So Keel vom Seouler Büro der Flüchtlingshilfe-Organisation Liberty in North Korea mahnt: "Es besteht Grund zur Sorge, dass der Fokus der beteiligten Regierung auf Sicherheitsfragen zur Folge hat, dass Menschenrechtsfragen erst einmal beiseite geschoben werden, die man später angehen kann." Gewiss sei alles begrüßenswert, was den Ausbruch eines Krieges weniger wahrscheinlich mache. Aber es sei zu befürchten, dass die beteiligten Regierungen zu einem ein Abkommen mit Nordkorea bereit sein könnten, aus dem Menschenrechtsfragen ausgeklammert bleiben.

Berichten zufolge ist auch Südkoreas Präsident Moon Jae In nicht bereit, Menschenrechtsfragen bei seinem bevorstehenden Gipfeltreffen mit Kim Ende des Monats anzusprechen. Es soll nur um die Atom- und Raketenrüstung des Nordens gehen, und was dieser als Gegenleistung für Zugeständnisse verlangt, ist nicht bekannt. Ken Kato will auf jeden Fall verhindern, dass eine solche eindimensionale Sicht auf Nordkorea allgemeine Verbreitung findet: "Wenn wir es diesem mörderischen Regime erlauben, weiterhin seine Bevölkerung zu unterdrücken, was sagt das über die Weltgemeinschaft aus?"

 

Freiberufliche Mitarbeiter, Julian Ryall
Julian Ryall Korrespondent und Reporter in Tokio