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Korruptionsskandal weitet sich aus

19. Dezember 2013

Der Korruptionsskandal in der Türkei zieht immer weitere Kreise. Nach der Entlassung mehrerer ranghoher Polizeibeamter ist jetzt auch der Polizeichef von Istanbul abgelöst worden.

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Der abgesetzte Polizeichef Capkin (vorne) verlässt das Polizeipräsidium in istanbul (Foto:Reuters)
Bild: Reuters

Hüseyin Capkin (auf dem Artikelbild vorne) sei wie zuvor schon rund 30 andere ranghohe Polizeiangehörige wegen "Überschreitung seiner Befugnisse" seines Amtes enthoben worden, meldeten türkische Medien. Capkin selbst bestätigte seine Abberufung. Sie steht offenbar im Zusammenhang mit Polizeirazzien, bei denen am Dienstag in Istanbul und Ankara 52 Personen festgenommen worden waren, unter ihnen drei Söhne von Ministern, ein Bürgermeister der konservativ-islamischen Regierungspartei AKP und mehrere Geschäftsleute.

Millionen in bar im Schuhkarton

Türkische Medien berichteten am Donnerstag über potenziell belastende Funde der Polizei bei den Razzien, darunter große Mengen Bargeld. "Today's Zaman" meldete unter Berufung auf Justizkreise, bei einem Bankmanager seien 4,5 Millionen US-Dollar (3,3 Millionen Euro) in Schuhkartons gefunden und beschlagnahmt worden. Die Zeitung veröffentlichte zudem ein Foto, auf dem neben Bargeldstapeln eine Banknoten-Zählmaschine abgebildet ist. Sie wurde dem Blatt zufolge beim Sohn von Innenminister Muammer Güler entdeckt.

Den Verdächtigen werden unter anderem Bestechung, Betrug und Geldwäsche vorgeworfen. Bei den Ermittlungen der Staatsanwälte geht es unter anderem um Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit illegal erteilten Baugenehmigungen und mögliche illegale Geschäfte mit dem Iran zur Umgehung internationaler Sanktionen.

Einst Weggefährten, jetzt Kontrahenten: Der Prediger Gülen (l) und Ministerpräsident Erdogan (Fotos: AP/dpa)
Einst Weggefährten, jetzt Kontrahenten:der Prediger Gülen (l) und Ministerpräsident ErdoganBild: picture-alliance/dpa/AP

Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan von der AKP brandmarkte die Razzien und Festnahmen als "dreckige Operation" und "politische Verschwörung" gegen seine Regierung. Das Ziel sei dasselbe wie bei den landesweiten Protesten im Sommer, nämlich der Sturz seiner Regierung. Den Verschwörern aus dem In- und Ausland gehe es darum, den wirtschaftlichen Aufstieg der Türkei zu unterminieren.

Machtkampf im islamischen Lager

Türkische Medien werteten die Razzien als einen Angriff der Hizmet-Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen auf die Erdogan-Regierung. Dem in den USA lebenden Gülen wird großer Einfluss innerhalb der türkischen Polizei und der Justiz nachgesagt. In den vergangenen Monaten hatten die Spannungen zwischen den früheren politischen Weggefährten Erdogan und Gülen zugenommen. Insbesondere die Entscheidung der Regierung, die von der Gülen-Bewegung gegründeten privaten Schulen abzuschaffen - eine der Haupteinnahmequellen der Organisation -, hat zu einer Eskalation geführt. Gülens Anhängerschaft geht in die Millionen. Viele sehen in dem 72-Jährigen einen Vertreter einer modernen und eher westlich orientierten islamischen Strömung, andere halten ihn für einen reaktionären Islamisten.

wl/rse (dpa, rtr, afp)