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Musikland Korea

Katrin Walter6. Mai 2013

Alexander Liebreich ist künstlerischer Leiter und Chefdirigent des Münchener Kammerorchesters. Mit der DW sprach er über seine Erfahrungen in Nord- und Südkorea.

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Alexander Liebreich bei der Arbeit mit seinem Orchester (Foto: Thomas Rabsch)
Bild: Thomas Rabsch

DW: Herr Liebreich, Sie reisen immer wieder nach Nordkorea. Hat sich etwas verändert, seit Sie 2002 das erste Mal dort waren?

Alexander Liebreich: Das Land hat sich sehr verändert. Es war im vergangenen Herbst überraschenderweise eine deutliche Öffnung zu spüren, eine Veränderung im Umgang. 2002 war die Kommunikation mit den Studenten und den Offiziellen viel schwieriger. Letzten Herbst konnten wir relativ frei miteinander umgehen, auch das Straßenbild hat sich sehr verlebendigt.

Nordkorea ist ja ein sehr armes Land. Viele Menschen leiden dort unter Hunger und Repressalien. Spüren Sie davon etwas auf Ihren Reisen?

Meine Reise geht hauptsächlich nach Pjöngjang. Das Land insgesamt zu beurteilen, ist sehr schwierig, weil man es nicht bereisen kann. Pjöngjang hat eine Sonderstellung, weil es auch eine Vorzeigestadt ist. Was ich von den Kollegen weiß, die viel mehr reisen, ist, dass die Hungersituation seit dem Ende der 90er Jahre sicherlich entschärft ist. Auch wenn es natürlich Armut dort gibt.

Südkorea ist dafür bekannt, dass die Menschen sehr musikalisch sind. Ist das in Nordkorea auch so?

Ja. Ich glaube, dass die Koreaner an sich ein unglaublich musikalisches Volk sind. Ich bin ja Festivalleiter in Südkorea. Es gibt unglaublich viele gute koreanische Sänger, man singt privat sehr viel miteinander. Die Arbeit mit den Studenten geht oft über das Singen.

Können Sie mit Ihrer künstlerischen Arbeit zu einem Dialog über das System oder über die Kultur beitragen?

Man darf den Anspruch nicht überschätzen. Die Frage ist zu Recht: "Was kann man eigentlich mit der Kunst machen?“ Wir haben ja hier Orchester, die international besetzt sind. Genauso wie dort. Und die Kunst spiegelt wie eine Parabel das Leben wider. Das Besondere an der Arbeit dort ist, dass ich eben ganz privat mit den jungen Studenten über ihre Ängste, Emotionen und ihre Einstellungen und letztendlich eben auch über Politik sprechen konnte. Dabei geht es überhaupt nicht darum, zu sagen, was das System ist, sondern darum, was Isolation, Einsamkeit, Angst oder Liebe in der Kunst bedeutet. Weil das die Begriffe sind, die immer wichtig sind - egal, welche Couleur das System hat.

Alexander Liebreich im Portrait (Foto: Marek Vogel)
Liebreich - Korea erfahrenBild: Marek Vogel

Musik wird oft als Ausdruck von Freiheit verstanden. Welches Verhältnis hat das nordkoreanische Regime zur Musik? Gibt es das als ideologisches Thema?

Das müssen Sie natürlich das Regime fragen, das weiß ich nicht. Wir machen und unterrichten klassische Musik und zum Teil Popmusik. In Ländern, die abgeschottet oder totalitär ausgerichtet sind, ist die Avantgarde immer etwas zurückgedrängt. Aber wir konnten dort auch moderne Musik machen, die Hochschulen sind sehr offen dafür, anders als auf staatlicher Ebene der Fall ist.

Was haben Sie dort von der jüngsten Krise mitbekommen? Soll man das sehr ernst nehmen, oder flammt das alle paar Jahre auf?

Ich war Ende März in Südkorea, gerade zu der Zeit, wo die Kriegsrhetorik sehr verschärft wurde. Von außen betrachtet fragt man sich, ob man am Rande eines Krieges steht. Dort in Südkorea nimmt man das tatsächlich entspannter. Im Süden streckte Präsidentin Park zu ihrem Amtsantritt die Hand aus. Und es gibt im Norden einen sehr emotionalen Bezug zu ihren Brüdern im Süden. Wenn man das außerhalb des politischen Systems betrachtet, gibt es eine große Identität eines gemeinschaftlichen koreanischen Volkes.

Alexander Liebreich ist Gastprofessor in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang und Festivalleiter in Südkorea. Im Jahr 2002 unterrichtete er zum ersten Mal über den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) an der University of Music and Dance in Pjöngjang.

Das Gespräch führte Katrin Walter.