Kongo: Suche nach einem neuen Premierminister
7. April 2017Mehr als drei Monate nach einem Machtteilungsabkommen in der Demokratischen Republik Kongo soll es nun endlich einen neuen Premierminister geben. Das hat Präsident Joseph Kabila in seiner Ansprache am Mittwoch versprochen. Nun hat Amtsinhaber Samy Badibanga, den Kabila erst am 19. Dezember ernannt hatte, seinen Rücktritt eingereicht - ein Hinweis darauf, dass die Neubesetzung kurz bevor stehen könnte. Die Benennung eines Premierministers aus den Reihen der Opposition ist im Abkommen vom Silvesterabend 2016 festgeschrieben worden. Doch die Regierung hatte die Umsetzung hinausgezögert, die katholische Bischofskonferenz gab vor Kurzem ihre Vermittlerrolle auf - und auch die Opposition ist sich uneinig über die richtigen Kandidaten.
In den Fußstapfen des Vaters: Félix Tshisekedi
Das Abkommen besagt, dass das Oppositionsbündnis "Rassemblement" den neuen Premier stellen soll. Doch mit dem Tod von dessen Vorsitzenden Etienne Tshisekedi Anfang Februar ist auch das fragile Bündnis im Streit versunken. Ein naheliegender Kandidat wäre nun Félix Tshisekedi, der Sohn und politische Nachfolger der historischen Führungsfigur. Er steht der wichtigsten Oppositionspartei "Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt" (UDPS) vor und ist Ko-Vorsitzender des Rassemblement. Tshisekedi sei der Einzige, der für das Amt des Regierungschefs vorgeschlagen worden sei, erklärte Rubens Mikindo, der stellvertretende Generalsekretär der UDPS. Doch der junge Tshisekedi kann bisher wenig politische Erfahrung vorweisen. Nach einigen Jahren als Abgeordneter in Mbuji-Mayi wurde er erst vergangenes Jahr in die Parteispitze berufen.
Von der Partei verstoßen: Valentin Mubake
Laut der Webseite "actualite.cd" hat auch eine abgespaltene Fraktion des "Rassemblement" bereits Namen vorgelegt. Diese Gruppierung wird von Joseph Olenghankoy angeführt. Auf ihrer Liste befinden sich demnach die Namen mehrerer ehemaliger Führungskräfte der UDPS, darunter Bruno Tshibanda und Valentin Mubake, zwei frühere Mitarbeiter von Etienne Tshisekedi. Mubake ist eines der dienstältesten Mitglieder der UDPS. Er wurde jedoch am Mittwoch aus seiner Partei ausgeschlossen. Grund für das Parteiverbot war sein Alleingang am Tag zuvor: Mubake hatte sich ohne die Zustimmung des nationalen Politbüros mit Präsident Kabila getroffen.
Im Schatten des Bruders: Raphaël Katebe
Ein weiterer angeschlagener Kandidat ist Raphaël Katebe. Er wurde seinerseits von der Partei "Wandel für die Republik" (AR) ausgeschlossen und darf sie seit März nicht mehr innerhalb des Rassemblement repräsentieren. Jetzt ist Katebe Präsident der Union der Liberaldemokraten (ULD). Er ist auch der Bruder einer der interessantesten Figuren der kongolesischen Politik: Moïse Katumbi, früherer Gouverneur der Provinz Katanga und einflussreicher Geschäftsmann, wechselte 2015 die Seiten und erzielte in kürzester Zeit hohe Sympathiewerte unter den Gegnern von Präsident Kabila. Doch gerichtliche Ermittlungen gegen ihn zwangen ihn ins Exil und stellten seine politische Karriere auf Pause.
Fortsetzung offen
Die Frage um die Besetzung des wichtigsten Postens für die Opposition zeigt die Lage der Kabila-Gegner im Kongo: Gelang es Etienne Tshisekedi, Schlüsselfigur für den demokratischen Aufbruch im Kongo, 2016, die Opposition um ihr eines gemeinsames Ziel - die Ablösung Kabilas als Präsident - zu vereinen, driftet sie nach dessen Tod wieder auseinander und verstrickt sich in Machtkämpfe. In der Bevölkerung wächst der Frust - und auch zivilgesellschaftliche Organisationen beobachten die Entwicklung mit Sorge. Nicht nur setzt sich die politische Krise fort - für Montag hat die UDPS bereits Proteste angekündigt - sie schafft auch Raum für bewaffnete Konflikte, die in verschiedenen Landesteilen immer wieder aufflammen.
Die beste Wahl wäre vermutlich Tshisekedi, sagt Rémy Mukweso, Mitglied der Organisation "Kampf für den Wandel" (LUCHA) - "er wäre vielleicht fähig, die Gemüter zu beruhigen. Wenn es jemand anderes wird, wird das die Krise verschärfen." Eine Krise, die nur durch das Zutun des Präsidenten gelöst werden könne: Joseph Kabila müsse zeigen, dass er daran interessiert sei, die Wahl seines Nachfolgers bis Ende 2017 zu organisieren und den Übergang zu erleichtern. Schließlich bleibt Kabila bis auf Weiteres der wichtigste Mann im Staat: Auch die abschließende Entscheidung über den neuen Premierminister liegt bei ihm.
Mitarbeit: Fiacre Ndayiragije, Eric Topona