Konfliktlösung in Südostasien mit EU-Hilfe?
11. August 2014Zum 21. Mal trafen sich die zehn Außenminister des Verbundes Südostasiatischer Staaten (ASEAN) im Rahmen des ASEAN-Regionalforums ARF getroffen, um drei Tage (08.-10.08.2014) die sicherheitspolitische Lage in Ostasien zu diskutieren. Das Forum, das dieses Jahr in Myanmars Hauptstadt Naypidaw stattfand, ist das einzige institutionalisierte sicherheitspolitische Dialogforum im asiatisch-pazifischen Raum. Auch US-Außenminister John Kerry und die Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, nahmen an dem Treffen teil. Ebenso anwesend waren die Außenminister aus China, Russland, Australien, Indien und Japan.
Im Zentrum der Gespräche standen die Territorialkonflikte im Südchinesischen Meer. Einige Anrainerstaaten streiten untereinander und insbesondere mit China um Inseln und Hoheitsgebiete, in denen neben reichen Fischbeständen Gas und Öl vermutet werden. Eine Initiative der USA und der Philippinen, den Status quo im Inselstreit einzufrieren und jegliche unilaterale Vorstöße zu vermeiden, bis eine gemeinsame Lösung gefunden ist, wurde auf dem ARF von China umgehend zurückgewiesen. Die EU war zwar anwesend, tauchte aber, wie in den vergangenen Jahren, in der internationalen Berichterstattung nicht auf.
"EU besorgt über Spannungen im Südchinesischen Meer"
Dabei engagiert sich die EU seit Jahren verstärkt in der Region. Sie verabschiedete 2012 die "Richtlinien für Europas Außen- und Sicherheitspolitik in Ostasien". Die ASEAN-Staaten werden darin als "natürliches Gegenstück der EU" bezeichnet. Die regionalen Gipfel, wie beispielsweise das ARF, verdienten die besondere Aufmerksamkeit der EU, so das Strategiepapier.
Hauptgrund für die verstärkte Initiative: Die EU hat erhebliche Wirtschaftsinteressen in der Region. So betrug das bilaterale Handelsvolumen zwischen EU und ASEAN 2013 rund 167 Milliarden Euro. Die EU ist damit nach der Volksrepublik China und Japan der größte Handelspartner der ASEAN.
Der Konflikt im Südchinesischen Meer und der damit verbundene Nationalismus werden sowohl vom Strategiepapier von 2012 als auch von EU-Spitzendiplomat David O'Sullivan als größter Risikofaktor identifiziert: "Die EU hat in der Region viel zu verlieren und wir sind sehr besorgt über die jüngsten Zunahme der Spannungen", sagt O'Sullivan gegenüber der DW.
"Keine geo-politische Agenda"
Die EU beziehe zwar keinerlei Stellung bezüglich der Hoheitsansprüche, habe aber eine klare Meinung, wie eine Lösung des Konflikts herbeizuführen sei. Nämlich durch Kooperation im Rahmen des internationalen Rechts, insbesondere des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (UNCLOS).
In diesem Bereich lägen auch die Stärken der EU als "aktives und konstruktives Mitglied des ASEAN-Regionalforums", so O'Sullivan. "Es stimmt, dass die EU bei den sicherheitspolitischen Themen nicht in den Schlagzeilen auftaucht, da sie in der Region weder über militärische Schlagkraft noch Militärbasen verfügt." Das könne aber auch ein Vorteil sein. "Wir werden als engagiert, aber nicht als bedrohlich wahrgenommen; wir sind aktiv, haben aber keine geo-politische Agenda." So bleibe für die EU eine Nische, in der sie nicht als weitere Supermacht, sondern als "Super-Partner" fungieren könne. Dieses Engagement der EU werde auch von den ASEAN-Staaten begrüßt.
"Klarere Position der EU nötig"
Beobachtern wie dem Südostasienexperten Gerhard Will von der Stiftung Wissenschaft und Politik fehlt im Engagement der EU die politische Linie. "Nicht alle Probleme lassen sich mit einem Workshop lösen. Ein wenig sind die Konferenzen auch Ablenkungsmanöver von konkreten Maßnahmen." Die EU müsste sich klarer positionieren, etwa in der Frage des Völkerrechts. Die EU stehe für die Herrschaft des Rechts. "Wenn die Philippinen jetzt eine Klärung der Territorialstreitigkeiten vor einem internationalen Gericht anstreben, dann sollte die EU klar Stellung beziehen: Das ist der Weg, wie solche Probleme gelöst werden."
Die EU zögere, weil sie dann mit Widerstand der Volksrepublik China rechnen müsste. "Das ist eine Schwäche der EU, dass sie niemanden vergrätzen will und dass man letztlich keine klare politische Strategie verfolgt", sagt Will. Ähnlich sieht das May-Britt Stumbaum, Direktorin des EU-China-Projekts am Stockholmer Friedensforschungsinstitut. Der EU fehle es an Selbstvertrauen und Führungsbereitschaft, insbesondere mit Blick auf China. "Europa verpasst seine Chance, die weltweite Agenda mitzugestalten und schützt seine eigenen Interessen nicht."