Olmert in der Kritik
30. April 2007Israels Regierungschef Ehud Olmert hat am Montag (30.4.07) einen kritischen Bericht über den Libanon-Krieg entgegen genommen. Das fünfköpfige Untersuchungsgremium aus Militär- und Rechtsexperten unter Vorsitz des ehemaligen Richters Elijahu Winograd rügt Olmert laut Medienberichten, Israel übereilt in den Krieg geführt zu haben. Der Regierungschef habe sich außerdem zu sehr auf den inzwischen zurückgetretenen Generalstabschef Dan Halutz und dessen Generäle verlassen und sei verantwortlich für zögerliche Entscheidungen während der Gefechte. Soldaten und Offiziere hätten sich über Chaos und Konzeptlosigkeit an der Front beschwert. Der Krieg wird in Israel weithin als Fehlschlag gewertet, denn er führte weder zur Befreiung von zwei in den Libanon verschleppten israelischen Soldaten, noch zu zum Ende des Raketenbeschusses auf Nordisrael.
Olmert verteidigt den Feldzug mit dem Argument, die israelischen Truppen hätten der Hisbollah schweren Schaden zugefügt. Jetzt herrsche Ruhe an der Grenze zum Libanon. Allerdings versprach der Ministerpräsident nach der Entgegennahme des Untersuchungsberichts, die darin angeführten Fehler zu korrigieren. "Wir werden den Bericht prüfen und sofort versuchen, daraus Lehren zu ziehen und alle Fehler zu berichtigen", sagte Olmert am Montag in Jerusalem. Zukünftig dürften dem Staat Israel derartige Fehler nicht mehr passieren.
Einen Rücktritt Olmerts schließen Vertraute jedoch aus. In den vergangenen Wochen hatte der Premier mehrmals die Verantwortung der gesamten Regierung für den Krieg betont. Auch Außenministerin Zipi Livni habe für den Feldzug im Nachbarland gestimmt. Für Montagnachmittag berief Olmert die Minister seiner Mitte-Rechts-Partei Kadima zu einer Strategiesitzung ein. Die Runde berate über eine gemeinsame Reaktion auf den Untersuchungsbericht, hieß es in Parteikreisen.
Proteste in Tel Aviv
Gegner des Libanon-Krieges haben für Donnerstag zu einer Großdemonstration in Tel Aviv aufgerufen. Zu den Organisatoren gehören ein ehemaliger General, Reservisten, die in dem Krieg gekämpft haben sowie Angehörige von Gefallenen.
Die öffentliche Aufmerksamkeit trifft Olmert zu einem kritischen Zeitpunkt, denn die Popularität des Ministerpräsidenten ist in einem Rekordtief. Laut Umfragen stimmen nur zwei Prozent der Bevölkerung seiner Politik zu. Seit Monaten steht Olmert wegen Korruptionsvorwürfen in der Kritik. Vor drei Jahren soll er ein Haus in Jerusalem zum Vorzugspreis gekauft haben. Der oberste Rechnungsprüfer Israels hat den Generalstaatsanwalt eingeschaltet, weil Olmert nicht ausreichend mit den Ermittlern zusammen gearbeitet habe. Der Ministerpräsident bezeichnete die Vorwürfe als haltlos.
Mehr als tausend Tote
Gegenüber dem Untersuchungsgremium zum Libanon-Krieg musste sich Olmert äußern. Seine Aussage wird in zwei Wochen mit dem Abschlussbericht vorgelegt. Bei den 34-tägigen Kämpfen zwischen der israelischen Armee und der islamistischen Hisbollah-Miliz kamen rund 160 Israelis ums Leben, darunter 119 Soldaten. Auf libanesischer Seite starben durch Kämpfe und Bombardements mehr als 1200 Menschen, überwiegend Zivilisten. Die Einwohner Nordisraels mussten wegen dauernder Raketenangriffe wochenlang in Schutzräumen ausharren, es entstand schwerer Sachschaden in großen Teilen Nordisraels. Die israelischen Luftangriffe richteten im Libanon und insbesondere in der Hauptstadt Beirut massive Schäden an. (ask)