Immerhin, Friedrich Merz: Einer äußert sich zu Donald Trump, endlich. Merz war mal ein wirklich wichtiger CDU-Politiker, Fraktionschef im Bundestag, jetzt ist er Vorsitzender der Atlantik-Brücke. Er nennt Trump ein "erschreckendes Phänomen". Dazu muss man wissen, dass Merz zum rechten Flügel der CDU gehört und gern und immer wieder die "Sozialdemokratisierung" seiner Partei unter Angela Merkel geißelt. Oder anders formuliert: Wenn Merz Trump schon erschreckend findet, was denkt dann das Parteienspektrum von Merz aus betrachtet in der Mitte bis nach links?
Es herrscht so etwas wie Trump-Schockstarre. Und ein vages Gefühl nach dem Motto: Es ist immer noch wahrscheinlicher, dass am Ende Hillary Clinton gewinnt - jetzt nur nicht nervös werden.
Und deshalb: Keine Reaktion, wenn Trump Merkels Flüchtlingspolitik ohne große Kenntnisse als "totales Desaster" bezeichnet, wenn er sagt, die Kanzlerin habe Deutschland "enormen Schaden" zugefügt, Europa habe jetzt Probleme "wie seit einer Million Jahren" nicht mehr. Und wenn er von zahlreichen "Vergewaltigungen" in der Kölner Silvesternacht schwadroniert, davon, dass Frauen in Deutschland nicht mehr sicher seien vor lauter sexsüchtigen Flüchtlingen.
Viele Monate haben deutsche Politiker mit einer Mischung aus Faszination und Gruselgefühl über den Atlantik geblickt. Diese Haare, diese Aggression, diese plumpe Argumentation. Ein bisschen erinnert das an die Deutschen und ihr Verhältnis zu George W. Bush, aber nur ein bisschen. Auch der frühere US-Präsident war denkbar unbeliebt in Deutschland, aber immerhin: Angela Merkel stand an seiner Seite, als sie noch nicht Kanzlerin war, und verteidigte das Eingreifen der USA im Irak (was sie heute als Fehler ansieht). Aber Trump? Um Gottes Willen...
Deutschland hat andere Sorgen
Und so kommen Umfragen wie diese zustande: 74 Prozent der Deutschen würden Hillary Clinton wählen, nur acht Prozent Donald Trump. Und findet der nicht den russischen Präsidenten Wladimir Putin sympathisch (sofern er überhaupt jemanden sympathisch findet) - irgendwie auf Augenhöhe mit ihm, Trump? Russland und die USA als dicke Freunde und Deutschland dazwischen: Wenn das nicht Angst macht.
Nur: Wir haben gerade genug anderes, um das wir uns kümmern müssen, so die Haltung in Berlin: Die Flüchtlingskrise, der Zerfall Europas, der Krieg in Syrien, in der Ukraine, die Einmischung Russlands.
Insgesamt ist die Politik Washingtons den Deutschen entrückt. Barack Obama war mal der strahlende Held hierzulande. Was für ein historischer Moment, der erste schwarze US-Präsident! Er hat nicht gehalten, was sich die Deutschen von ihm versprochen hatten. Die USA scheinen nicht mehr so wichtig zu sein. Und ist das nicht eigentlich nur ein großes Theater mit diesem Trump, wie von Hollywood erfunden? Wenn das wirklich Realität wird, was dann? Nein, für den Moment wollen wir das nicht denken, jetzt nicht.
Berlin muss President Trump den roten Teppich ausrollen. Wie erschreckend finden Sie die Vorstellung? Ihre Kommentare bitte - gleich hier unter dem Text.