Das vorneweg: Bruno Labbadia hat anscheinend sein Okay gegeben, über seine Zukunft in Hamburg telefonisch informiert zu werden. Dennoch: Dass HSV-Boss Dietmar Beiersdorfer dieses Angebot annimmt und den noch vor einem Jahr als "Retter" gefeierten Fußballlehrer am Telefon feuert, zeugt nicht gerade von Stil. Und das nach 529 Tagen im Amt - für HSV-Verhältnisse ist das schon ziemlich lang, schließlich war es die 19. Entlassung in 20 Jahren.
Beiersdorfer wird sich einiges anhören müssen über die Art und Weise, wie der Hamburger Trainer des Amtes entledigt wurde - zögerlich, häppchenweise und - auch das muss deutlich gesagt werden - einfach viel zu spät. Nach dem respektablen 0:1 der tapfer kämpfenden Hamburger gegen den FC Bayern, das auch noch in der vorletzten Spielminute fiel, kommt dieser Schritt zum falschen Zeitpunkt.
Noch einmal "Schlachtbank"
Es spricht vieles dafür, dass die Entscheidung schon vor dem Spiel gefallen war - wer konnte denn schon ahnen, dass der HSV nur den Hauch einer Chance auf einen Punktgewinn hat? Man kann den Eindruck gewinnen, dass Labbadia noch einmal auf die "Schlachtbank" geführt werden sollte. Endgültig abgewürgt wurde er dann aber erst einen Tag später.
Dass es nicht mehr passt zwischen Labbadia und dem HSV steht gar nicht zur Debatte. Als "Feuerwehrmann" gekommen, machte er seinen Job, rettete den HSV vor dem drohenden ersten Bundesliga-Abstieg und wurde dafür 2015 sogar zum "Hamburger des Jahres" gewählt. Doch einen Verein in der Liga halten ist eben etwas ganz anderes, als ein Team zu formen und weiterzuentwickeln. Das hat man schon in der vergangenen Saison gesehen. Platz zehn zum Abschluss war mehr als schmeichelhaft.
Ist Beiersdorfer noch der Richtige?
Und danach? Es kam die Sommerpause mit der EM. Zeit genug, um sich in aller Ruhe zusammenzusetzen und sich Gedanken um eine langfristige Planung zu machen. Labbadia gilt nicht unbedingt als einer der Kandidaten, die dabei helfen, einen Verein auf lange Sicht voranzubringen. Da gibt es andere. Wie Markus Gisdol, der den Krisenklub jetzt übernehmen wird. Denn - auch das ist Fakt: Der HSV ist das schlechteste Team des Jahres, mit nur fünf Siegen und 20 Pünktchen aus 22 Bundesligaspielen. In dieser Saison sammelte der HSV aus fünf Spielen gerade mal einen Punkt. Das bedeutet aktuell Platz 16.
Das Kapitel Labbadia und dessen Ende unterstreicht vielmehr eines: Dass Beiersdorfer nicht der richtige Mann für den Job beim HSV ist. In seinen zwei Jahren als Vorstandsvorsitzender hat er drei Trainer, 30 Spieler und 90 Millionen Euro verschlissen. Das könnte natürlich auch der explosiven Konstellation um Geldgeber Klaus-Michael Kühne und dessen Primus Volker Struth liegen. Wer sich davon abhängig und dann aus dem Trainer auf solch stillose Art und Weise den Sündenbock macht, begibt sich auf ganz dünnes Eis. Wer weiß, wie lange es noch trägt.
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