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Mit Klopp hat Liverpool, was dem BVB fehlt

Jonathan Harding
25. Juni 2020

Der FC Liverpool ist englischer Fußballmeister. Der Triumph Jürgen Klopps in der Premier League führt Borussia Dortmund schmerzlich die eigenen aktuellen Defizite vor Augen, meint Jonathan Harding.

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Premier League | West Ham v Liverpool
Bild: picture-alliance/Offside/C. Wilson

Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis in Liverpool ein Jürgen-Klopp-Denkmal enthüllt wird. Jetzt, da der deutsche Erfolgstrainer mit dem FC Liverpool vorzeitig die Premier League gewonnen und damit eine 30 Jahre andauernde Durststrecke der "Reds" ohne englischen Meistertitel beendet hat. Nach dem Champions-League-Triumph 2019 ist damit endgültig besiegelt, dass Klopp für immer seinen Platz in den Herzen der Liverpooler Fans gefunden hat.

Die emotionale Bindung zur Basis begleitete den 53-Jährigen auf allen bisherigen Stationen seinen Trainerkarriere. Ob zuerst beim FSV Mainz 05, dann aber vor allem bei Borussia Dortmund - seine Aura ist in den Vereinen noch immer spürbar, selbst Jahre, nachdem er sie verlassen hat. Überall hat es Klopp geschafft, die Leidenschaft auf den Platz, die Tribünen und damit auch in die Städte zu zaubern, in denen er arbeitete.

Charismatisch und authentisch

Deutsche Welle Englisch Fußball Jonathan Harding
Jonathan Harding, DW SportBild: DW/P.Henriksen

Einen wie ihn lässt man ungern weiterziehen. Klopp ist charismatisch und authentisch. Er lebt seine Leidenschaft für den Fußball, für alle sichtbar. Das macht es leicht, ihn sympathisch zu finden, und geradezu unwiderstehlich, wenn sich dazu noch der sportliche Erfolg gesellt. Wer möchte nicht sein wie Jürgen Klopp?

In Mainz lernte er den Job, weil der Verein ihn einfach machen ließ. Als er sich 2008 unter Tränen von den Fans verabschiedete, sagte Klopp: "Alles, was ich bin, alles, was ich kann, habt ihr mich werden lassen. Alles!" Auch in Dortmund blieb er sich treu. Er ballte die Faust, reckte sie in den Himmel und suchte immer wieder den Kontakt zur "Gelben Wand", den treuesten der treuen BVB-Fans auf der Südtribüne.

Klopp schafft Identität

Auch in dieser Stadt entfachte Klopp eine Begeisterung, die weit über den Verein hinausreichte. Obwohl die großen Erfolge schon etwas verblasst waren, als er den BVB schließlich 2015 verließ, blieb doch die Verbindung Klopps zum Verein und seinen Fans bestehen. Klopp prägte eben die moderne Identität Borussia Dortmunds wie jetzt jene neue des FC Liverpool.

Jürgen Klopp
Abschied aus Dortmund 2015Bild: picture-alliance/dpa/F. Gambarini

Auch fünf Jahre nach Klopps Weggang aus Dortmund schwebt die liebevolle Erinnerung an ihn wie ein Geist über dem Klub. Der BVB hat einiges getan, um sich davon freizumachen, vergeblich. Unter Thomas Tuchel wurde Dortmund zwar 2017 noch einmal DFB-Pokalsieger, doch die Emotionen fehlten. Sein Nachfolger Peter Bosz war der falsche Mann zur falschen Zeit und Peter Stöger nur da, um den Scherbenhaufen wegzuräumen. Unter Lucien Favre ist der BVB wieder konkurrenzfähig geworden, doch so richtig scheint der sachlich nüchterne und schüchterne Schweizer nicht zum Verein zu passen.

Nah an den Menschen

Borussia Dortmund hat es nicht geschafft, sich nach Klopp weiterzuentwickeln. Es ist kein Fehler, auf Trainer zu setzen, die komplett anders sind als der Erfolgstrainer von einst - aber nur, wenn man diese Trainer nicht ständig an Klopp misst und wenn der Vereinschef nicht bei jeder Gelegenheit an den Ex-Coach erinnert. Der BVB täte gut daran, zu akzeptieren, dass der Verein auch im Jahr 2020 noch weitgehend der ist, den Klopp aus ihm gemacht hat. Mit einer Mannschaft, die unter Tuchel und Favre das Potential hatte, die Massen für sich zu begeistern, denen dazu aber die Worte fehlten.

Genau das macht Klopp: Er baut Beziehungen auf, im Stil einer echten Führungspersönlichkeit, die nicht nur in der Lage ist, einen Matchplan aufzustellen, sondern die Menschen zu verstehen. Klopp sucht nicht nur den Kontakt zu seiner Mannschaft, sondern zum gesamten Umfeld, um es kennenzulernen und für sich und sein Team zu gewinnen. Das eröffnet ihm die Chance, mehr zu tun und mehr zu sein. Und das ist es dann auch, was fehlt, wenn er geht.

Der deutsche Fußball ist nicht mehr derselbe, seit Jürgen Klopp weg ist. Borussia Dortmund kämpft bis heute damit, sich dies einzugestehen. Und auch der FC Liverpool wird eines Tages in die gleiche Lage kommen wie der BVB. Noch aber ist Klopp mit der nun perfekten Meisterschaft eins mit dem Verein - vielleicht sogar noch enger mit ihm verbunden, weil die Fans wegen der Corona-Pandemie nicht mitfeiern können. Schon jetzt steht fest: Wenn Klopp Liverpool verlässt, wird es wehtun.