Junta in demokratischem Gewand
Thailand ist eines der beliebtesten Touristenziele der Welt. Mehr als 31 Millionen Gäste besuchen das Königreich jedes Jahr. Doch neben gutem Essen, Sonne, Strand, Meer und Lächeln gibt es noch eine andere, dunklere Seite Thailands – Unterdrückung und Diktatur.
Seit Mai 2014 steht das Land nach einem Militärcoup unter Militärherrschaft. Gut fünf Jahre später, am 6. Juni 2019, ließ sich der Führer der Junta zum Premierminister wählen. So verwirrend das sein mag, die Militärherrschaft ist damit nun teilweise demokratisch legitimiert. Der darin liegende Widersinn drückt sich besonders deutlich in der Stellungnahme eines vom Militär eingesetzten Senators aus, der nach der Wahl erklärte, er unterstütze die neue "demokratische Diktatur".
Demokratische Diktatur
Demokratische Diktatur klingt nicht nur nach Orwell, es ist ein Selbstwiderspruch. Aber die thailändische Militärregierung hat in den letzten Jahren mit viel Geschick und Skrupellosigkeit genau das erreicht: das autoritäre Regime mit demokratischen Elementen zu tarnen.
Eine Anleitung für eine "demokratische Diktatur" nach thailändischem Vorbild könnte so lauten: Zuerst nutzt du die tief gespaltene thailändische Politik und die teils gewaltsamen gesellschaftlichen Konflikte als Ausrede, um zu putschen. Dann baust du das politische System schrittweise so um, dass alle Fäden beim Militär zusammenlaufen. Die neue Verfassung lässt du vom Volk sogar per Referendum absegnen, aber ohne dass im Vorfeld eine Debatte möglich wäre. Kritiker und Oppositionelle lässt du verhaften oder unter Druck setzen, politische Versammlungen von fünf oder mehr Personen verbietest du. Zu guter Letzt lässt du dich von einem zu großen Teilen vom Militär handverlesenen Scheinparlament zum neuen Premierminister küren.
Thailand – Juntaland
Manche werden sagen, dass Thailand nun eine "gewählte" Regierung und einen "gewählten" Premierminister habe. In gewisser Weise stimmt das und es gibt tatsächlich Verbesserungen. Diktator Prayuth hat nicht mehr die absolute Macht, die er als Führer der Junta noch hatte. Das eingeschränkte Versammlungsrecht ist aufgehoben. Es gibt eine funktionierende Opposition, die Prayuth zwar nicht verhindern konnte, der er aber das Leben im Vorfeld seiner Wahl zum Premier schwer gemacht hat.
Aber Dutzende Intellektuelle und Journalisten haben das Land seit dem Putsch verlassen. Sie haben politische Zuflucht in Deutschland, den USA, Südkorea, ja auch in Laos und Kambodscha gefunden. Mindestens zwei Kritiker der Junta und des Königs sind unter ungeklärten Umständen getötet worden, vier weitere werden vermisst. Das zeigt, dass Thailand unter der Herrschaft des Militärs seine Kritiker auch im Ausland verfolgt und eben kein System ist, dass die Bezeichnung "demokratisch" in vollem Umfang verdient.
Prayuth hat Thailand erfolgreich in Juntaland verwandelt. Das politische System ist so aufgestellt, dass eine Wiederwahl eines Premiers im Sinne der Generäle auf absehbare Zeit gesichert ist. Das alles gehört auch zu Thailand und könnte den touristischen Genuss trüben – vorausgesetzt, der Gast will einen Blick hinter die Kulissen werfen.
Pravit Rojanaphruk sieht die Militärregierung seit vielen Jahren kritisch. Er schreibt für die thailändische Tageszeitung "Khaosod". Zwei Mal wurde er verhaftet und vom Militär unter Druck gesetzt. 2017 erhielt er den World Press Freedom Award.