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Die Schattenseite von Modis "Erneuerung" Indiens

Sanjiv Burman Kommentarbild App PROVISORISCH
Sanjiv Burman
12. November 2015

Indiens Premier Modi wird gerade in Großbritannien hofiert, auch in Deutschland setzt man auf den vermeintlichen Modernisierer. Übersehen wird dabei, dass er den Fundamentalismus schürt. Sanjiv Burman kommentiert.

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Narendra Modis Ankunft in London (Fpto: Reuters)
Bild: Reuters/J. Brady

Wenn eine wachsende Zahl von indischen Autoren, Schauspielern, Historikern und anderen Intellektuelle ohne Parteizugehörigkeit gegen Intoleranz im Lande protestieren, wenn in Scharen Literaturpreise zurückgegeben werden, dann kann man das nicht einfach als politische Intrige gegen die Regierung kleinreden. Das aber versuchen viele hochrangige Persönlichkeiten zurzeit im indischen Machtapparat.

Auch eine Reihe brutaler Morde, in denen sich der Hass auf Andersdenkende entlud, lässt den indischen Ministerpräsidenten Modi kalt. Ende August 2015 wurde der religionskritische Publizist Malleshapa Kalburgi ermordet. In der Nähe der Hauptstadt Neu Delhi wurde im September ein Schmied von einem aufgebrachten Mob gelyncht, weil er angeblich Rindfleisch gegessen hatte. Auch populäre Schauspieler wurden bedroht. In allen Fällen ging es um die vermeintliche Verletzung religiöser Gefühle der Hindus.

Sanjiv Burman von der Bengali-Redaktion (Foto:DW)
Sanjiv Burman von der Bengali-Redaktion der DWBild: DW

Modi schaut nicht nur weg, wenn religiöse Fanatiker zuschlagen, er spielt auch bewusst die religiöse Karte. So zuletzt bei den Wahlen im Bundesstaat Bihar, wo er und seine Wahlkampfstrategen die Stimmung anheizten. Allerdings umsonst, die BJP und ihre Verbündeten in Bihar erlitten eine überraschende Niederlage. Das erweckt nun Hoffnungen nicht nur bei der politischen Opposition, sondern auch bei denjenigen, die vom laizistischen Fundament des Vielvölkerstaats Indien zutiefst überzeugt sind.

Auftrieb für Fundamentalisten ganz Südasiens

Modis hindu-nationalistische Politik wird in den Nachbarländern mit großem Interesse beobachtet. Allerdings nicht von den Freunden der Demokratie, sondern von ihren Feinden. Dort hat religiöse Intoleranz Tradition. 1977 hatte der General Mohammed Zia-ul-Haq durch einen Militärputsch in Pakistan die Macht ergriffen und eine umfassende Islamisierung des Landes bewirkt, die den Charakter des Landes bis heute prägt. Die Demokratie hat sich nie erholen können. Auch in Bangladesch wächst der Einfluss der islamistischen Kräfte.

Proteste in London (Foto: Reuters)
Proteste in LondonBild: Reuters/S. Plunkett

Für viele Islamisten in den beiden Ländern ist der Aufschwung der Hindu-Nationalisten in Indien eine durchaus willkommene Entwicklung, denn sie erkennen darin ein Ebenbild des totalitären Gesellschaftsbildes, das sie anstreben. Die Verwirklichung eines intoleranten "Hindu-Staates" in Indien unter Modi würde die Erfolgschancen der Islamisten in Pakistan und Bangladesch erhöhen und liberale und demokratische Kräfte in ganz Südasien in die Defensive treiben.

Die religiös-fundamentalistischen Kräfte in allen drei Ländern haben ein gemeinsames Ziel. Sie wollen die jeweiligen Verfassungen grundsätzlich verändern und eine neue Staatsstruktur einführen, in der nur die religiöse Mehrheit sich behaupten kann und die Minderheit nur geduldet wird. Gleichzeitig wollen sie einen strikten Verhaltenskodex für die religiöse Mehrheit festlegen, der keinen Spielraum für Andersdenkende lässt.

Es ist an der Zeit, dass man auch im Westen die Schattenseiten der "Erneuerung Indiens" erkennt, die Modi anstrebt. Sein Wahlversprechen, der Ministerpräsident aller Inder zu sein, verblasst immer mehr.