Gute Syrer, schlechte Syrer?
Nicht nur in den sozialen Netzwerken gibt es viel Lob für die Syrer, die ihren flüchtigen Landsmann in Leipzig gefesselt der Polizei übergeben haben. Anerkennung kam auch von höchster Stelle: Bundeskanzlerin Angela Merkel, derzeit in Afrika unterwegs, ließ ihren Dank ausrichten. Ohne das couragierte Eingreifen der Syrer wäre der 22-jährige Dschaber al-Bakr vermutlich nicht so schnell gefasst worden - ein Terrorverdächtiger, der als Flüchtling nach Deutschland kam.
Nach allem, was bisher bekannt ist, war die Lage äußerst brenzlig: Al-Bakr hatte Kontakt zur Terrormiliz "Islamischer Staat". Und er besaß den hochexplosiven Sprengstoff TATP, mit dem er einen verheerenden Anschlag hätte verüben können. Auch bei den Terroranschlägen in Paris und Brüssel war TATP im Spiel. Der schwer herzustellende Sprengstoff war bereits gemischt, als die Polizei ihn am Samstag in einer Wohnung in Chemnitz sicherstellte. Sie musste eigens eine Grube graben, um den Sprengstoff kontrolliert zur Explosion zu bringen.
Munition für beide Seiten - die Polarisierung bleibt
Es folgte ein unruhiges Wochenende, an dem die Polizei in Sachsen nach dem flüchtigen al-Bakr fahndete. Bis die Landsleute, bei denen er in Leipzig unterschlüpfen wollte, die Polizei riefen. Sie haben das Richtige getan und verdienen die Anerkennung, die ihnen nun gezollt wird. Auch persönlich sind sie ein Risiko eingegangen: Die Polizei hält ihre Identität aus Sicherheitsgründen geheim, da sie Racheakte für möglich hält.
Ihre mutige Tat ändert aber nichts an der Haltung derjenigen, die gänzlich undifferenziert gegen Flüchtlinge hetzen. Im Netz geht die "Pro- und Contra-Schlacht" unverändert weiter. Beide Seiten nutzen den Vorfall als Munition: Während die einen das Bundesverdienstkreuz für die "guten Syrer" fordern, äußern Hetzer die absurde Vermutung, der Ablauf der Festnahme sei von der Bundeskanzlerin inszeniert worden, um die Stimmung im Land zugunsten der Flüchtlinge zu drehen.
Im Zeichen der Terrorgefahr
Auf einem anderen Blatt steht die große Gefahr, dass es in Deutschland einen neuen Terroranschlag geben könnte. Immer wieder kommt es zur Festnahme von vermeintlichen Flüchtlingen, die in Kontakt mit der Terrormiliz "IS" stehen oder Anschläge planen. Diese Gefahr ist mit dem Fall al-Bakr erneut greifbar geworden. Die Sicherheitsbehörden kennen viele Gefährder, aber eben nicht alle. Dass mit der jüngsten Festnahme möglicherweise ein schwerer Terroranschlag vereitelt wurde, ist ein Erfolg. Aber das Risiko bleibt.
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