"Terrorverdächtiger hatte IS-Kontakte"
10. Oktober 2016Nach der Festnahme des terrorverdächtigen Syrers Dschaber al-Bakr aus Chemnitz sehen die Ermittler einen Bezug zur Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS). "Vorgehensweise und Verhalten des Verdächtigen sprechen derzeit für einen IS-Kontext", sagte der Präsident des sächsischen Landeskriminalamts (LKA), Jörg Michaelis, in Dresden. Der 22-jährige Flüchtling habe nach vorliegenden Erkenntnissen an einem "Sprengsatz möglicherweise in Form einer Sprengstoffweste" gearbeitet.
Die an das LKA in Dresden übermittelten Informationen besagten laut Michaelis, dass Al-Bakr "aktuell ein Sprengstoffattentat vorbereitet" habe. Demnach hatte er "im Internet Recherchen zur Herstellung von Sprengsätzen durchgeführt und sich entsprechende Grundstoffe beschafft". "Es musste davon ausgegangenen werden, dass der Sprengsatz möglicherweise in Form einer Sprengstoffweste kurz vor der Fertigstellung steht oder bereits einsatzbereit ist", sagte Michaelis.
Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) sagte, dass der Verdächtige am Nachmittag einem Haftrichter in Dresden vorgeführt wurde. Er sprach von einem "großartigen Erfolg". Die Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern hätten "ganz konsequent und erfolgreich" zusammengearbeitet. Nach Angaben von Ulbig war Al-Bakr im Februar 2015 als Flüchtling nach Deutschland gekommen. Es habe aber seither "keine besonderen Auffälligkeiten" gegeben.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière sieht in dem Fall Parallelen zu den Anschlägen von Frankreich und Belgien: "Die Vorbereitungen in Chemnitz ähneln nach allem, was wir heute wissen, den Vorbereitungen zu den Anschlägen in Paris und Brüssel." Deutschland stehe unverändert im Zielspektrum des internationalen Terrorismus, sagte der Innenminister. "Die Ermittlungen zeigen, dass solche Taten, wie wir sie in Frankreich und Belgien gesehen haben, auch in Deutschland nicht auszuschließen sind."
Zwei Tage nach dem brisanten Bombenfund in Chemnitz hatte die Polizei den bundesweit gesuchten Terrorverdächtigen Al-Bakr in der Nacht zum Montag in Leipzig festgenommen. Bei einer Anti-Terror-Razzia hatte die Polizei in Chemnitz am Samstag mehrere hundert Gramm hochexplosiven Sprengstoff sichergestellt. Ein möglicher Komplize des Hauptverdächtigen, der 33-jährige Wohnungsmieter, kam in Untersuchungshaft. Er ist ebenfalls Flüchtling und war Mitte Juli aus Nordrhein-Westfalen nach Chemnitz gezogen, wie Michaelis sagte.
Die Polizei fasste den 22-jährigen Syrer in einer Wohnung in Leipzig, wo zwei Landsleute ihn festhielten. Er hatte am Leipziger Hauptbahnhof einen Landsmann angesprochen und gefragt haben, ob er bei ihm schlafen könne. Der Syrer lud ihn demnach zu sich ein und informierte die Polizei.
Bundeskanzlerin Angela Merkel dankte ihm dafür. Der Landsmann habe maßgeblich dazu beigetragen, dass der am Samstag aus Chemnitz geflohene Syrer habe festgenommen werden können, erklärte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer in Berlin. Dafür danke die Kanzlerin ebenso wie für die Arbeit der Sicherheitsbehörden. Auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich dankte der Polizei und fügte hinzu: "Ich danke ausdrücklich dem mutigen und verantwortungsbewussten syrischen Mitbürger, der durch den entscheidenden Hinweis und sein Handeln den schnellen Erfolg möglich gemacht hat."
stu/rb (afp, dap)