Ausländerhass in Osteuropa treibt die EU tiefer in die Krise
Alles gute Zureden, alle Blitzvisiten in den Hauptstädten und viele endlose Sitzungen haben nicht geholfen: Es war ein strategischer Beschluss einiger osteuropäischer Länder, sich querzustellen. Dabei ging es hier zunächst nur darum, 120.000 Flüchtlinge in einer Einmalaktion innerhalb der EU umzuverteilen. Das bedeutete für kleinere Staaten, dass sie allenfalls ein paar Tausend Schutzsuchende hätten akzeptieren müssen. Aber vier Regierungen entschieden trotzdem, sich lieber von der Mehrheit der EU-Minister überstimmen zu lassen, nur um ihren Bürgern erzählen zu können, dass Europa sie zur Aufnahme von Flüchtlingen zwingt.
Einige Osteuropäer schüren Ausländerhass
Damit haben Ungarn, Tschechen, Slowaken und Rumänen den Riss zwischen Ost- und Westeuropa jetzt zum Abgrund erweitert. Und alle Appelle an Solidarität und europäische Werte sind im Wind verhallt. Die Regierungschefs in Prag und Bratislava haben auch schon trotzig erklärt, sie dächten gar nicht daran, sich jetzt dem Mehrheitsbeschluss zu beugen und auch Flüchtlinge aufzunehmen. Das geschieht vor dem Hintergrund, dass sie in ihren Ländern eine ekelerregende Hetzkampagne gegen Asylbewerber aus islamischen Ländern entfacht haben, nach dem Muster: Flüchtling = Muslim= Terrorist. Sie verstoßen damit offen und ungeniert gegen ihre Verpflichtungen aus den europäischen Verträgen. Die Reaktionen der anderen EU-Regierungschefs und der Institutionen waren dagegen bisher viel zu zahm. Und wenn die bayerische CSU in dieser Situation ausgerechnet den rechtspopulistischen ungarischen Premier Viktor Orban zu sich einlädt, ist das eine üble Anbiederei an die Ausländerfeinde.
Ein katastrophales Signal
Tatsächlich bringt der Beschluss der Innenminister vergleichsweise wenig. Denn er wird nur langsam umgesetzt, und er löst keines der akuten Probleme. Wer erbarmt sich etwa der Tausenden von Flüchtlingen, die derzeit auf dem Balkan herumirren? Sie werden gerade in einem zynischen Spiel von einem Land ins nächste geschoben, erschöpft und ohne Perspektive. Diese Bilder mitten in Europa sind ein Skandal, aber darüber wurde in Brüssel nicht gesprochen. Hier ging es um einen symbolischen Einstieg in ein Verteilungsverfahren, das unter den Umständen kaum wiederholbar sein wird. Das ist Augenwischerei auf europäische Art: Wir drücken uns vor den großen Problemen und fangen mit ganz kleinen Schritten an. Aber die Flüchtlingskrise ist real und gegenwärtig, da reicht es nicht so tun, als ob man was täte.
Und vor allem, wie soll es weitergehen? Will man bei der dauerhaften Verteilungsquote, die im nächsten Jahr kommen soll, die Widerständler erneut überstimmen. Und am Ende bei der dringend notwendigen Reform der überholten Dublin-Regeln? Wenn es so weitergeht, bleibt die EU-Flüchtlingspolitik auf Jahre hinaus eine Baustelle, und gemeinsame Regeln werden zur Illusion.
Auch die Regierungschefs werden sich übrigens bei ihrem Gipfeltreffen um die tatsächlichen Probleme herumdrücken. Stattdessen wollen sie über Außenpolitik reden, die Beendigung des Krieges in Syrien, die Lage in Eritrea usw. Sie könnten sich stattdessen auch über das Wetter unterhalten, so nützlich sind solche Gespräche.
Der Grundkonsens in Europa steht auf dem Spiel
Dieser Streit ist schlimmer als andere, weil er an das Grundverständnis Europas rührt. Weil ein paar der neuen Mitgliedsländer ausscheren und glauben, dass in Brüssel nur das Geld ausgeteilt wird, sie nur Rechte aber keine Pflichten haben. Schade, dass es so schwierig ist, ihnen die Milliardensubventionen zu kürzen. Das eigentlich Schockierende aber ist dieser Blick in die Abgründe der Politik in einigen EU-Staaten, denen der gute Ruf bei den Nachbarn gleichgültig ist, und die sich als Hassprediger des christlichen Abendlandes profilieren.
Sie können unterhalb dieses Artikels einen Kommentar abgeben. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerung!