Natürlich sind die anderen schuld. Natürlich hat die Entscheidung von General Motors (GM), dem größten Autobauer der USA, nichts mit seiner Politik zu tun. Natürlich legt sich die GM-Chefin "mit dem Falschen an". Natürlich müsse GM aufhören, in China Autos zu bauen und stattdessen "schnellstens" eine Fabrik in Ohio aufmachen. So sieht Donald Trump die Welt, so einfach und schlicht kann sie sein.
Ist sie aber nicht.
General Motors, eine Ikone der US-Industrie, von deren Bänder Autos der legendären Marken Chevrolet, Cadillac oder Buick laufen, GM also geht es nicht anders als anderen Autoherstellern auf der Welt. Sie alle stehen vor einem gigantischen Umbruch. Weg vom Verbrennungsmotor, hin zu alternativen Antrieben und zum autonomen Fahren. Das ist ein Paradigmenwechsel, auch wenn am Ende immer noch Gefährte mit vier Rädern von den Bändern rollen. Aber um diese neuen Autos zu bauen, braucht es weniger Menschen. Und man muss massiv investieren, um auch in der neuen Zeitrechnung noch vorne mit dabei zu sein.
Das ist bei Volkswagen nicht anders. Auch dort beschäftigt man sich (neben der Aufarbeitung des Dieselskandals) massiv mit der Zukunft. Auch dort werden Tausende Jobs verschwinden, nur eben sozialverträglich, wie man das in Deutschland in der Regel macht. Aber man steckt eben auch Milliarden in die Zukunft. 44 Milliarden Euro, um genau zu sein, werden in den kommenden fünf Jahren in Elektromobilität, autonomes Fahren, Mobilitätsdienste und die Digitalisierung investiert, wohl wissend, dass man ansonsten in der Bedeutungslosigkeit verschwinden würde. VW scheint die Lehren aus dem finsteren Kapitel namens Dieselgate gezogen zu haben.
Aber zurück zu Donald Trump.
Nach allem, was man weiß, scheint sich Trumps rigide Wirtschaftspolitik auszuzahlen, vor allem die handelspolitischen Strafmaßnahmen gegen seinen Lieblingsfeind China. Die Wachstumsraten der US-Wirtschaft konnten sich zuletzt sehen lassen, auch vom Arbeitsmarkt kommen regelmäßig positive Zahlen. Experten kamen zu der Ansicht, die Strafzölle, mit denen sich Amerikaner und Chinesen derzeit gegenseitig überziehen, treffen eben vor allem die Chinesen, während die US-Wirtschaft profitiert. Aber, und jetzt sind wir wieder bei der US-Autoindustrie: Die gehört offenbar zu den Branchen, die unter den verhängten Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte leiden.
Schon im vergangenen Quartal meldete GM Mehrkosten in Höhe von 300 Millionen Dollar, weil sie für Stahl und Aluminium mehr bezahlen mussten. Analysten rechnen die Mehrkosten schon auf eine Milliarde Dollar hoch, ähnlich (schlecht) läuft es beim GM-Konkurrenten Ford. Wenn Trump aber nun von GM-Chefin Mary Barra verlangt, die Produktion in China zu stoppen und nach Amerika zurück zu holen: Das wird nicht funktionieren. Die Autoindustrie ist global aufgestellt und produziert in der Regel in den Märkten für die jeweiligen Märkte. Aber selbst wenn GM sich dem Zorn des Präsidenten beugen würde: Die Chinesen würden sofort Strafzölle verhängen auf jedes GM-Auto, dass aus den USA nach China exportiert werden würde.
Die Sache ist komplex.
Und schließlich sollte Mr. President wissen, dass auch viele ausländische Hersteller Werke in Amerika haben, Toyota zum Beispiel oder die drei deutschen Autobauer Volkswagen, Mercedes und BMW. Die Bayern zum Beispiel exportieren aus ihrem Werk in Spartanburg (South Carolina) so viele Autos in die Welt, dass sie der größte US-Exporteur von Autos sind. Die Chefs der drei Konzerne sind ja dieser Tage ins Weiße Haus eingeladen. Was immer sich der US-Präsident dabei gedacht hat (denn über Zölle wird er ja wohl mit ihnen nicht verhandeln): Vielleicht können die Herren Diess, Zetsche und Krüger dem Präsidenten zu erklären versuchen, vor welchen Herausforderungen die Autobranche weltweit gerade steht - und dass GM da keine Ausnahme ist. Da hilft auch all das wütende Gezeter nicht. Es gibt Realitäten, vor denen auch ein Donald Trump nicht die Augen verschließen kann.