Jedem muss klar sein: Die letzten Auftritte vor großen Fußballturnieren haben nur eine begrenzte Aussagekraft. Richtig Gas geben in diesen Partien nur jene Spieler, die noch nicht zur Stammelf gehören. Und selbst die spielen eher mit angezogener Handbremse, um sich bloß nicht kurz vor Turnierbeginn noch ernsthaft zu verletzen - so wie es Marco Reus vor der WM 2014 beim letzten Test gegen Armenien passiert war. Und doch gibt der 2:0-Erfolg gegen EM-Teilnehmer Ungarn einige Hinweise.
Bewährte Kräfte
Schließlich ließ Bundestrainer Joachim Löw eine Startelf auflaufen, die durchaus auch jene im ersten EM-Gruppenspiel am 12. Juni gegen die Ukraine sein könnte. Gleich neun Weltmeister begannen in Gelsenkirchen. Löw setzt also offenkundig auf bewährte Spieler. Auch die beiden Nicht-Weltmeister in der Startelf, die Verteidiger Antonio Rüdiger und Jonas Hector, gelten längst nicht mehr als "Frischlinge", sondern als etablierte Kräfte.
Zum Eigentor genötigt
Die furiose Anfangsviertelstunde demonstrierte, dass die deutsche Mannschaft in der Lage ist, auch gegen tief in der eigenen Hälfte stehende Gegner einen Angriffswirbel zu entfachen und sich gute Tormöglichkeiten zu erspielen. Wenn sie schnell kombiniert, ist sie brandgefährlich. Mario Götze verkaufte sich als Sturmspitze gut. Der erste Treffer, ein Eigentor des Ungarn Adam Lang, gehört zur Hälfte ihm, weil er seinen Gegenspieler zum unglücklichen Eingreifen geradezu nötigte. Dennoch ist Götze nicht der klassische "Knipser".
Auf Müller ist Verlass
Zu dem hat sich immer mehr Thomas Müller gemausert, der nicht zufällig den zweiten Treffer beisteuerte. Auf Müller ist einfach Verlass. Letzeres gilt auch für das Mittelfeld mit Toni Kroos und Mesut Özil, die für die EM gesetzt sein dürften. Auf die Frage, wie belastbar die deutsche Abwehrkette vor Torwart Manuel Neuer ist, lieferte der Test keine Antwort. Dafür war der Gegner zu passiv. Doch Jerome Boateng machte ein gutes Spiel und deutete an, dass er in Frankreich der große Ruhepol der Defensive sein und gleichzeitig das Offensivspiel ankurbeln kann.
Erfolg hängt nicht von Schweinsteiger ab
Ob Bastian Schweinsteiger rechtzeitig hundertprozentig fit wird, dürfte nicht entscheidend dafür sein, ob der Weltmeister schlussendlich auch der neue Europameister wird. Für die Psyche des Teams ist es zwar gut, dass der Kapitän wieder an Bord ist. Aber Bundestrainer Löw hat im Mittelfeld ausreichend Alternativen, sollte Schweinsteigers verletzungsanfälliger Körper wieder einmal streiken. Gut eine Woche bleibt Löw noch, um dem Team den letzten Feinschliff für die EM zu geben. Mehr braucht es nicht. Diesen Hinweis hat das Spiel gegen Ungarn gegeben. Das Turnier kann kommen.
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