Sie machen alles gemeinsam. Seine Krawatte hat den gleichen Farbton wie ihre Jacke. Sie retten zusammen die Ukraine, sie helfen den Flüchtlingen und verteidigen Europa vor Populisten. Die Botschaft der Bundeskanzlerin und des französischen Präsidenten war klar: Zwischen uns passt kein Blatt. Nur mit einem starken deutsch-französischen Motor kann Europa die anstehenden Probleme im Inneren wie nach außen lösen. Genauso wie vor 26 Jahren als die historischen Vorbilder Kohl und Mitterand im Europäischen Parlament an die Rednerpulte traten. Damals ging es um den Ost-West-Konflikt und die Vereinigung Deutschlands und Europas. Heute geht es um die Flüchtlingskrise und die drohende Renationalisierung im Europa der 28. Gewaltige Herausforderungen damals wie heute.
Merkel und François Hollande spielten ihre Rollen perfekt. Sie erinnert die zaudernden Europäer an die europäische Fähigkeit, Kompromisse zu finden und sie mutig durchzusetzen. Er warnt in düsteren Bildern vor dem Scheitern und dem Ende Europas, wie wir es kennen. Inhaltlich gab es keine Abweichungen oder Unterschiede. Merkel und Hollande hätten ihre Redemanuskripte auch einfach tauschen können. Niemand hätte es gemerkt. Wahrscheinlich sind die Reden sowieso zwischen Kanzleramt und Elysee aufs Engste abgestimmt worden. Eigentlich vorhandende Meinungsverschiedenheiten in der Wirtschaftspolitik wurden unter den Teppich gekehrt.
Die beiden haben ihren Führungsanspruch in Europa unmissverständlich klar gemacht und Nationalisten, Separatisten, Euro-Skeptikern und ewig Zweifelnden eine deutliche Absage erteilt. "Wir schaffen das." Dieses Kanzlerinnenwort aus Deutschland soll jetzt auch in Europa gelten, auch wenn es nicht direkt gefallen ist. Die Frage ist nur, ob diese paartherapeutische Lektion von "Merkollande", bei den Adressaten, den europäischen Bürgern, ihre Wirkung zeigt. Deren Vertrauen in Europa schwindet, nicht erst seit der Flüchtlingskrise.
Konkrete Vorschläge, wie die Syrien-Frage zu lösen sei oder Fluchtursachen bekämpft werden sollen, blieben die Viel-Harmoniker Merkel und Hollande schuldig. Da muss in den nächsten Tagen mehr kommen, um den Führungsanspruch Deutschlands und Frankreichs in der EU zu untermauern. Bereits in der kommenden Woche trifft der Anspruch auf die Wirklichkeit, wenn beim Gipfeltreffen aller 28 Staats- und Regierungschefs in Brüssel Entscheidungen fallen müssen. Ob das "Festival der Liebe" aus Straßburg dann fortgesetzt wird, ist zumindest fraglich, denn es sind eine Menge unterschiedlicher Interessen in der Flüchtlings- und Asylpoltik auf einen gemeinsamen europäischen Nenner zu bringen. Mit deutsch-französischer Einigkeit könnte das zumindest gelingen. Ohne sie wäre das in Europa unmöglich.