1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Den "Weg der Menschlichkeit" weitergehen

6. Juni 2015

Der 35. Deutsche Evangelische Kirchentag steht im Zeichen des Friedens. Angesichts von Kriegen, Terror und weltweiten Flüchtlingstragödien mahnt auch Kofi Annan zu mehr Humanität.

https://p.dw.com/p/1Fcam
Kofi Annan auf dem Evangelischen Kirchentag in Stuttgart (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/P. Seeger

In seiner Rede auf dem Kirchentag in Stuttgart hat Kofi Annan zu einer humanen Flüchtlingspolitik aufgerufen. Das Zuwanderungsproblem könne nicht einfach mit höheren Zäunen oder einer Politik der Abschottung gelöst werden, erklärte der ehemalige UN-Generalsekretär und Friedensnobelpreisträger. In Zeiten der Globalisierung dürften Staaten sich nicht mehr von der Welt abschotten. Deutschland sei in dieser Frage vergleichsweise offen und habe viele Migranten aufgenommen, die vor Gewalt und Armut geflohen seien. Er mahnte: "Ich bitte Sie dringend, diesen Weg der Menschlichkeit weiterzugehen."

Internationale Institutionen und Organisationen rief Annan dazu auf, ihre Strukturen, die zum Teil seit dem zweiten Weltkrieg bestünden, zu modernisieren. Aufstrebende Mächte fühlten sich im UN-Sicherheitsrat, dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank nicht mehr ausreichend vertreten. Die Globalisierung habe auch Sorgen der Menschen geschürt, dass Mächte über ihr Leben bestimmten, die nicht demokratisch legitimiert seien. Das trage zu einem Vertrauensverlust in die politische Führung bei.

Eine Milliarde "potentielle Bürgerjournalisten"

Annan wies aber auch auf große Fortschritte beim Erreichen der UN-Millenniumsziele hin. Immer weniger Menschen würden in gewaltsamen Konflikten getötet. Andererseits seien Gewalttaten und Terrorismus früher medial weniger präsent gewesen. Heute verbreiteten sich Nachrichten und Bilder von Kriegen und Massakern viral: "Die sozialen Medien haben die Besitzer von mehr als einer Milliarde Smartphones zu potenziellen Bürgerjournalisten gemacht". Er betonte: "Wir können nicht länger sagen, dass wir nichts gewusst haben."

Margot Käßmann zusammen mit Friedensaktivisten in Stuttgart (Foto: picture-alliance/dpa)
Mehrere Organisationen und Friedensinitiativen reihten sich am Rande des Kirchentages zur "Friedenskette" aufBild: picture-alliance/dpa/B. Weißbrod

Menschenkette für den Frieden

Im Zeichen des Friedens stand auch eine Menschenkette, die sich in der Stuttgarter Innenstadt formierte. Aktivisten forderten den Abzug von Atomwaffen aus Europa und die Schließung zweier US-amerikanischer Kommandozentralen in Stuttgart, von wo aus unter anderem Angriffe in Libyen, Serbien und dem Irak befehligt würden. An der Aktion nahmen nach Angaben der Veranstalter rund 1500 Menschen teil, darunter der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Renke Brahms, und Margot Käßmann als Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017.

"Die Welt ist aus den Fugen geraten"

Nicht nur Annan machte die weltweiten Krisen zum Thema seiner Rede. Zur Eröffnung des fünftägigen Treffens der Evangelischen Kirche beklagte Kirchentagspräsident Andreas Barner: "Die Welt ist aus den Fugen geraten." Hinsichtlich jüngster Flüchtlingstragödien mahnte er zu christlicher Verantwortung: "Das Sterben der Flüchtlinge im Mittelmeer muss ein Ende haben. Kein Mensch soll auf der Flucht sein Leben verlieren."

Auch der Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, appellierte an die Staaten Europas, mehr zu tun, um die Flüchtlingstragödien zu beenden. Zugleich betonte er, niemand könne hinnehmen, dass "Menschen ertrinken, weil es keine legalen Wege nach Europa gibt".

Mehr als 2500 Veranstaltungen stehen auf dem Programm des Evangelischen Kirchentages. Neben Kofi Annan haben weitere Spitzenpolitiker und Prominente aus dem In- und Ausland in Stuttgart geredet, unter ihnen Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel und der indische Kinderrechtsaktivist Kailash Satyarthi, der 2014 den Friedensnobelpreis gewann. Rund 100.000 Dauerbesucher fanden sich in den letzten Tagen zu Diskussionen und Veranstaltungen in Stuttgart ein. Am Sonntag geht der Kirchentag mit einem Abschlussgottesdienst zu Ende.

nin/ml (epd, kna, dpa)